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Frühkindliche Bildung: Auf den Anfang kommt es an
Mi, 10.5.06

Frühkindliche Bildung: Auf den Anfang kommt es an

FRÜHKINDLICHE BILDUNG: AUF DEN ANFANG KOMMT ES AN

In keiner Phase unseres Lebens lernen wir so viel wie in den ersten Jahren. Kindersind von Geburt an neugierig, sie entdecken und erforschen die Welt mit all ihrenSinnen. Das Spielen ist die wichtigste Form ihres Lernens, in dem sie sich äußern,gestalten und die Welt begreifen lernen. Wir müssen das Spielen ernst nehmen undallen Kindern ein gutes Umfeld für spielerisches Lernen ermöglichen. In der frühen Kindheit werden die Grundlagen für jegliches Lernen, für kreativeEntfaltung und für eine positive Einstellung zum lebenslangen Lernen gelegt. In einerGesellschaft, in der Bildung über die Möglichkeit zur Gestaltung des eigenen Lebenswie über den Zugang zur Gesellschaft entscheidet, kommt es daher auf den Anfangan.Kinderbetreuung für alleBeim Ausbau der Kinderbetreuungsangebote für unter Dreijährige ist das LandBaden-Württemberg alles andere als Spitze. Dabei ist der Ausbau derKinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren ein Beitrag zur frühkindlichen Bildungund verbessert die Startchancen vieler Kinder. Gute Angebote unterstützeneinerseits die Erziehung und Bildung in der Familie. Andererseits wird durch gute undzuverlässige Angebote - besonders durch ganztägige - die Vereinbarkeit von Berufund Familie verbessert. Die Entscheidung für ein Kind wird jungen Frauen undMännern, besonders auch AkademikerInnen, erleichtert. Derzeit gibt es lediglich für knapp 5 Prozent der 300.000 Kinder unter drei Jahren einBetreuungsangebot. Die GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg fordert, dass derAusbau dieser Angebote jeweils dem örtlichen Bedarf angepasst werden muss. Mitder Steigerung der Quantität muss unserer Ansicht nach aber auch eine höhereQualität der Angebote einhergehen; Mütter und Väter wollen für ihre Kinder nur dasBeste.Den Kindergarten zum Bildungsgarten machenKinder haben ein Recht auf das Lernen in und mit der Gruppe der Gleichaltrigen.Weil es den Kindern gut tut, wollen wir, dass ihnen dieses Recht auf die Gruppe
Gleichaltriger möglichst früh zukommt. Deshalb ist es für uns eine Verpflichtung,auch die Eltern der Kinder, die bislang noch nicht den Kindergarten besuchen, fürden Kindergarten zu gewinnen. Kinder mit Behinderungen sollen selbstverständlichin die Gruppen integriert sein.Die Forderung nach einer Kindergartenpflicht im letzten Jahr vor der Einschulungoder Forderungen nach Pflicht-Schulstunden im letzten Kindergartenjahr, wie sie vonMinisterpräsident Oettinger erhoben wurden, halten wir für den falschen Weg. DerKindergarten wird so nicht besser. Da Bildung unserer Meinung nach kein wirtschaftliches Verkaufsgut sein darf, musses das Ziel sein, keine Kindergartengebühren mehr zu erheben. Sprachförderung im VorschulalterDie Sprache ist Grundvoraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe einesMenschen. Das Thema Sprachförderung ist von der Landesregierung jedoch langevernachlässigt worden. Weder die finanziellen noch die personellen undpädagogischen Voraussetzungen für eine nötige umfassende Sprachförderung sindgeschaffen worden. Auch angesichts dessen ist die bisweilen erhobene Forderungnach Nichteinschulung der Kinder bei fehlenden Sprachkenntnissen populistisch undzynisch zugleich.Die GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg will, dass endlich die nötigen Mittel fürpädagogisch sinnvolle und effektive Sprachförderung bereit gestellt werden. DasProjekt „Sprachförderung im Vorschulalter“ der Landesstiftung Baden-Württemberghat so beispielsweise bereits 11.400 Kinder entsprechend gefördert.Bewegung und Gesundheit In der Forschung verdichten sich die Hinweise darauf, dass Motorik undSpracherwerb in einem engen Zusammenhang stehen. Immer mehr Kinder weisengroße motorische Defizite auf. Die Räume in unseren Städten und Dörfern für freie,ungebundene Bewegung von Kindern werden immer kleiner und enger, gleichzeitigsteigt der Fernsehkonsum. Dies hat Koordinationsschwierigkeiten, gesundheitlicheund psychische Probleme zur Folge. Die frühkindliche Bildung muss deshalb die
motorische Entwicklung frühzeitig und nachhaltig so fördern, dass alle Kinder Spaßan sportlicher Betätigung entwickeln.Ein ebenso wichtiges Anliegen ist der GRÜNEN JUGEND Baden-Württemberg diegesunde Ernährung der Kinder. Um bei den Kindern das Bewusstsein dafür bereitsfrüh zu schaffen, müssen die Kindergärten Nahrungsmittel aus biologischerHerstellung anbieten. Für eine enge Zusammenarbeit von Kindergärten und SchulenKindergärten sind keine „Zulieferbetriebe“ für Schulen, und Grundschulen sind keine„Abnehmer“ von Kindern, die vom Kindergarten „schulreif“ gemacht worden sind.Kindergärten und Grundschulen stehen in der gemeinsamen Verantwortung für dieFörderung der Kinder und für einen erfolgreichen - nach Möglichkeit fließenden undindividuellen - Übergang vom Kindergarten in die Grundschule.Die GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg tritt dafür ein, dass diese gemeinsameVerantwortung im Interesse der individuellen Förderung der Kinder gestärkt wird.Deshalb sind wir für eine enge Kooperation vor Ort mit einem Austausch und derBeratung über die Kinder und gegenseitigen Besuchen. Mit dem Modell„Schulanfang auf neuen Wegen“ sind Konzepte der Zusammenarbeit und desÜbergangs entwickelt worden, sie werden jedoch von den Kultusministerien nichtweiter im ganzen Land verankert.Im Zuge von gemeinsamen Ausbildungs- und Weiterbildungsmodulen halten wirauch Arbeitsphasen von ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen in der jeweilsanderen Einrichtung für wünschenswert. Gleiche Chancen für alle! - Jedes Kind gehört dazu Zugang zu Bildung und kulturellen Kompetenzen ist auch eine Frage vonLebensqualität und eine zentrale Frage von sozialer Gerechtigkeit. Sie schaffen dieGrundlage für die gesellschaftliche, politische und ökonomische Teilhabe allerMenschen. Wir wollen es uns auch deshalb nicht leisten, die Zukunftschancen vielerKinder ungenutzt zu lassen und ihnen damit Lebenschancen zu verbauen.
Unsere Gesellschaft steht vor einer neuen Herausforderung. Wir können sie nur imZusammenwirken aller Beteiligten meistern. Jede und jeder gehört in unsererGesellschaft dazu. Wir brauchen jede und jeden. Politik und Gesellschaft müssendabei alles tun, um gleiche Chancen für alle zu gewährleisten.Die GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg will, dass alle Kinder ein Recht aufumfassende kognitive, soziale, musisch-kreative und motorische Bildung bekommen.Wir setzen uns für eine grundsätzliche Neubewertung des Verhältnisses derGesellschaft zu ihren Kindern ein. Denn Kinder brauchen nicht nur Eltern, sondernein ganzes Gemeinwesen, das sich der Verantwortung für Kinder bewusst ist. Oderwie es ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Zur Erziehung eines Kindes braucht es einganzes Dorf.“ Beschlossen auf der Landesmitgliederversammlung am 10. Mai 2006