Fur eine transparente und demokratisch kontrollierte Polizei –gegen Diskriminierung und Racial Profiling
FÜR EINE TRANSPARENTE UND DEMOKRATISCH KONTROLLIERTE POLIZEI - GEGEN DISKRIMINIERUNG UND RACIAL PROFILING
Dunkelhautig, mannlich = verdachtig. Wer diese beiden Kriterien erfullt, wird uberproportional haufigkontrolliert, weil er als verdachtig gilt. Laut einer Studie der Europaischen Agentur fur Grundrechte sindturkischstammige und aus dem ehemaligen Jugoslawien stammende Menschen in Deutschland doppelt sohaufig von Kontrollen betroffen. Das ist Rassismus.Es ist also die Hautfarbe, „sudlandisches Aussehen“ oder einfach die subjektive Erfahrung der PolizistInnen,nach denen Menschen nicht-deutscher Herkunft haufiger Straftaten begehen und eben genau deswegenkontrolliert werden mussen. Sie fallen in ein Suchraster, in das Menschen mit hellerer Hautfarbe nicht fallen.Kontrollen solcher Art sind unter dem Stichwort „Racial Profiling“ bekannt.Das Grundgesetz schutzt Menschen vor Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlecht, ihrersexuellen Orientierung, einer Behinderung, ihrer Sprache und ihres Glaubens. Darauf stutzt sich auch das Urteildes rheinland-pfalzischen Oberverwaltungsgerichts, nach dem Kontrollen aufgrund dieser diskriminierendenVorurteile rechtswidrig sind. Trotzdem ermöglichen die meisten Polizeigesetze der Lander die Uberprufungen nach rassistischen Mustern,indem sie sogenannte verdachts- oder ereignisunabhangige Kontrollen explizit zulassen. Hier mussen keinekonkreten Anhaltspunkte vorliegen, um eine Person zu kontrollieren. Dadurch wird „Racial Profiling“ ermöglicht.Die GRUNE JUGEND Baden-Wurttemberg fordert daher die Abschaffung von verdachts- bzw.ereignisunabhangigen Kontrollen im baden-wurttembergischen Polizeigesetz. Bundeslander wie Berlin,Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bremen haben diese Möglichkeiten in ihren Landespolizeigesetzen bereitsabgeschafft, beziehungsweise gar nicht erst eingefuhrt. Der GRUNEN JUGEND Baden-Wurttemberg ist bewusst, dass gesetzliche Regelungen und Beschrankungenallein keine rassistischen Vorurteile verhindern können, sie sollten sie aber auch nicht noch befördern, sondernmöglichst eindammen. PolizistInnen befinden sich tagtaglich in einem Spannungsfeld zwischen Gesetz und Praxis. Gemaß ihresSelbstverstandnisses möchten sie Straftaten verhindern und aufdecken, schöpfen dabei aber naturlich ausihren subjektiven Alltagserfahrungen, die auch von gesellschaftlichem Rassismus gepragt sind. PolizistInnenbestreiten immer wieder, dass verdachts- und personenunabhangige Kontrollen rassistischen Vorurteilenunterliegen. Besonders deutlich wird dies im Kommentar des Vorsitzenden der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der das bereits erwahnte Urteil des rheinland-pfalzischen Oberverwaltungsgerichts fur„schöngeistige Rechtspflege und nicht an der Praxis ausgerichtet“ halt. Dies zeigt, dass es der Polizei vielfach anProblembewusstsein fehlt und dass es kaum Bereitschaft zu einer kritischen Reflexion polizeilichen Handelnsgibt.Das Problem heißt RassimusPolizistInnen reproduzieren in ihrem Handeln Rassismus. Dafur muss ein Problembewusstsein geschaffenwerden. Anzusetzen ist hierbei an der Zusammensetzung des Polizeiapparates aber vor allem auch an derAusbildung der PolizistInnen. Eine demokratische Polizei sollte Spiegelbild der Gesellschaft sein – und dies besonders hinsichtlich Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe, Religion und sexueller Orientierung. Die GRUNE JUGEND Baden-Wurttemberg fordert, dass unterreprasentierte gesellschaftliche Gruppen vorzugsweise fur den Polizeidienst geworben und aufgenommen werden sollen. Doch alleine die Reprasentation unterschiedlicher Menschen im Polizeiberuf wird Fehlverhalten noch nichtunbedingt reduzieren – geschweige denn verhindern können. Deshalb setzt sich die GRUNE JUGEND Baden-Wurttemberg fur die Verbesserung der Ausbildung von PolizistInnen ein. Die Ausbildung von PolizistInnen musssich unbedingt am Grundsatz der Verhaltnismaßigkeit polizeilichen Handelns orientieren. Von Beginn an mussden PolizeianwarterInnen ein Bewusstsein dafur vermittelt werden, dass sie im Arbeitsalltag zwar alsAusubende des staatlichen Gewaltmonopols auftreten, gleichzeitig aber die Grundrechte der BurgerInnenwahren und schutzen mussen. Die GRUNE JUGEND Baden-Wurttemberg sieht es uberdies als wichtig an, dassin der Ausbildung der PolizistInnen ein Bewusstsein dafur geschaffen wird, dass jeder Menschvorurteilsbehaftet ist und dass aufgrund dieser Tatsache die Gefahr besteht, dass diese Vorurteile in dertaglichen Polizeiarbeit reproduziert werden. Dies ist der entscheidende erste Schritt, um dieser Problematikentgegenzuwirken. Fehlerkultur – selbstverstandlich auch bei der Polizei PolizistInnen sind Menschen – und Menschen machen Fehler. Schon allein deshalb ist Fehlerkultur einSchlagwort, das auch fur die Polizei gelten muss. Eine rechtsstaatlich organisierte Polizei muss sich auch offender Kritik stellen, wenn BurgerInnen sich bei Einsatzen ungerecht behandelt fuhlen oder bei Eingriffen inGrundrechte die Verhaltnismaßigkeit in Frage gestellt wird. In Baden-Wurttemberg werden Falle vonPolizeigewalt und von Ubergriffen seitens der Polizei selbst aufgeklart. Auch wenn theoretisch dieStaatsanwaltschaft „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ ist, liegt der Schwerpunkt der Ermittlungen mit derBeweiserhebung und ZeugInnenvernehmung bei der Polizei. Dabei drangt sich die Gefahr auf, dass dieermittelnden BeamtInnen der Version ihrer KollegInnen eher glauben als der der Opfer. Fur eine Anklage ist dann die Staatsanwaltschaft zustandig, die aber im Interesse einer guten Zusammenarbeitmit der Polizei vor einem solchen Schritt eher zuruckschreckt. In Baden-Wurttemberg wurden im Jahr 2010 von176 ermittelten Fallen von Polizeigewalt nur in einem einzigen Anklage erhoben. Auch im Rahmen der Vorfalleam „Schwarzen Donnerstag“ hat die Staatsanwaltschaft die meisten Verfahren gegen PolizistInnen eingestellt.Die GRUNE JUGEND Baden-Wurttemberg vertritt die Auffassung, dass der Fehler in diesem System nur mit derErrichtung eines unabhangigen Beschwerde- und Untersuchungsmechanismus’ gelöst werden kann, wie ihnetwa Amnesty International schon langer fordert. Dass dies ein tragfahiges Modell ist, zeigt die Erfahrung ausanderen europaischen Landern. So arbeiten die Independent Police Complaint Commission in England und dieCommission Nationale de Deontologie de la Securite in Frankreich erfolgreich und von der Polizei vollstandigunabhangig. Die GRUNE JUGEND Baden-Wurttemberg ist der Uberzeugung: fur den Zusammenhalt einer Gesellschaft ist eswichtig, Misstrauen zu reduzieren. Daher mussen Transparenz und Kontrolle, so wie in vielen anderenTeilbereichen gesellschaftlichen Zusammenlebens, auch bei der Polizei Normalitat werden. Unserevorgeschlagenen Maßnahmen sollen einen Weg dorthin beschreiben. Eine andere, eine vorurteilsfrei undtransparent arbeitende Polizei ist möglich!