Grüne Jugend und Jusos fordern einen Aktionsplan zur Digitalisierung im Bildungswesen
Die zweite Welle der Corona-Pandemie hat weitreichende Folgen für die Schüler*innen im Land. Erneut muss der Unterricht oft sehr kurzfristig ins Digitale verlegt werden. Das Kultusministerium hat hierfür nicht ausreichend Grundlagen geschaffen. Daher fordern die Grüne Jugend Baden-Württemberg (GJBW) und die Jusos Baden-Württemberg einen klaren Aktionsplan zur Digitalisierung an Schulen, um diese endlich fit für das 21. Jahrhundert zu machen.
„Kultusministerin Eisenmann hat im Bereich Digitalisierung in den letzten Jahren viel verschlafen. Einen großen Nachholbedarf sehen wir im Datenschutz“, so Sarah Heim und Deniz Gedik, Landessprecher*innen der GJBW. „Die Daten der Schüler*innen und Lehrkräfte liegen aktuell auf Servern in den USA. Damit tragen unsere Bildungseinrichtungen zum Verkauf privater Daten durch große Techunternehmen bei. Wir brauchen deshalb schnellstmöglich Lernserver innerhalb der EU!“
Ein weiteres Problem sehen die Jugendorganisationen in der Verteilung der digitalen Endgeräte des Sofortausstattungsprogramms an die Schüler*innen. „Chancengleichheit können wir nur erreichen, wenn sich die Ausrichtung der Mittel nach dem sozio-ökonomischen Kontext der jeweiligen Schulen richtet. Wir fordern daher eine zweite Ausstattungsoffensive“, erklärt Lara Herter, Landesvorsitzende der Jusos BW.
Die Schüler*innen sähen sich in Hinblick auf ihre Abschlussprüfungen im Stich gelassen, meint Sarah Heim. „Wir fordern das Kultusministerium dazu auf, ein transparentes und gerechtes Verfahren für die anstehenden Abschlussprüfungen einzuläuten.“
Zudem fordern die GJBW und die Jusos BW eine flexiblere Endnotengestaltung. „Nur so können die Lehrkräfte auf die individuellen Lernsituationen der Schüler*innen reagieren“, halten die Jugendorganisationen fest. „Schulen und Lehrkräften in Regionen mit hohen Inzidenzen, großem Unterrichtsausfall oder digitalem Fernunterricht muss es ermöglicht werden, auf einzelne Leistungsüberprüfungen zu verzichten und Noten anders zusammenzusetzen.“
Auch in der digitalen Lehre bestehe noch viel Nachholbedarf. Durch Fort- und Weiterbildungen kann der Unsicherheit der Lehrkräfte in diesem Bereich entgegengewirkt werden. „Den Lehrkräften sollen praktische Skills vermittelt werden, statt dass sie in Handreichungen über Optionen informiert werden“, erklären die Jugendorganisationen. Dazu brauche es eine landesweite Finanzierung und die entsprechende Regelung, Fortbildungstage für alle Lehrkräfte einzuplanen.
Digitalisierung an den Schulen ist keine Nebensache, sondern eine der dringendsten Aufgaben im baden-württembergischen Bildungssystem. Kultusministerin Eisenmann hat in den letzten vier Jahren viel verschlafen. Ihre aktuelle Prioritätensetzung liegt eindeutig bei ihrem persönlichen Wahlkampf, statt bei der Modernisierung unserer Schulen. Inmitten der zweiten Corona-Welle, die Schulen genauso unvorbereitet erleben müssen wie noch im Frühjahr, fordern wir als Grüne Jugend Baden-Württemberg und Jusos Baden-Württemberg die umgehende Umsetzung der folgenden Maßnahmen:
Durch die steigenden Corona-Fallzahlen steigt auch der Anteil der Lehrkräfte und Schüler*innen, welche zum Infektionsschutz temporär digital unterrichten und lernen. Dabei ist entscheidend, dass das Land die Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz der Schüler*innen und Lehrkräfte wahrt. Ihre persönlichen Daten dürfen nicht auf US-amerikanischen Servern gespeichert werden – unsere Bildungseinrichtungen dürfen nicht zum Verkauf privater Daten durch große Techunternehmen beitragen! Wir brauchen schnellstmöglich einen Lernserver innerhalb der EU. Diese Problematik ist nicht neu, sondern seit Beginn des digitalen Unterrichts bekannt, wobei Eisenmann seitdem wissentlich die Kritik von Schüler*innen, Lehrkräften und Elternvertretungen ignoriert.
Das Land ist einen ersten Schritt mit dem Sofortausstattungsprogramm gegangen, um es Schüler*innen ohne Endgerät zu ermöglichen, an einem digitalen Schulalltag teilzunehmen. Jedoch brauchen wir eine zweite Ausstattungsoffensive, um wirkliche Chancengleichheit in BW voranzutreiben. Allen Schüler*innen müssen die gleichen technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Statt pauschal Schulträgern anhand der Gesamtzahl ihrer Schüler*innen entsprechende Mittel zuzustellen, fordern wir die Ausrichtung der Mittel an dem sozio-ökonomischen Kontext der jeweiligen Schulen. Schulen in sozialschwächeren Quartieren und mit einem erhöhten Anteil an sozialbenachteiligten Schüler*innen brauchen erhöhte Mittel und eine stärkere Begleitung in der Umsetzungsphase der Mittel.
Aufgrund steigender Infektionszahlen verändert sich die Situation für Schüler*innen und Lehrkräfte tagtäglich. Genau jetzt brauchen Schüler*innen verstärkt Gewissheit, dass ihre Abschlussprüfungen im Jahr 2021 an die aktuellen Umstände angepasst werden. Das bedeutet unter anderem auch, dass Frau Eisenmann den mündlichen Abiturtermin zur Nachholung vorverlegen soll, damit dieser vor dem bundesweiten Zulassungstermin fürs Studium stattfindet! Das Kultusministerium muss jetzt schon mit Schüler*innen und Lehrkräften in den Austausch treten, um ein transparentes und gerechtes Verfahren für die anstehenden Abschlussprüfungen einzuläuten. Entscheidend hierfür wäre beispielsweise eine niedrigschwellige Umfrage über Lernstände in BW, um den aktuellen Stand feststellen zu können.
Viele Lehrkräfte stehen noch selbst vor großen Herausforderungen bei der Ausgestaltung der digitalen Lehre. Als Arbeitgeber darf das Land BW und das Kultusministerium die eigenen Angestellten nicht im Stich lassen. Entscheidend ist, dass wir Lehrkräfte nicht durch Handreichungen über Optionen informieren, sondern praktische Skills vermitteln. Wir fordern eine unbürokratische Fortbildungsoffensive für alle Lehrkräfte in Zusammenarbeit mit den kommunalen Schulämtern. Dazu braucht es eine landesweite Finanzierung und die entsprechende Regelung, Fortbildungstage für alle Lehrkräfte einzuplanen.
Die Corona-Pandemie stellt auch eine mentale und emotionale Mehrbelastung für Schüler*innen dar. Gleichzeitig müssen einzelne Schüler*innen oder ganze Klassen aufgrund von Corona-Fällen von zuhause lernen. Trotz der derzeit steigenden Infektionszahlen, der Einschränkungen des sozialen Lebens und des damit verknüpften Stresses für Schüler*innen muss es das Ziel unseres Bildungssystems sein, ein selbstbestimmtes Lernen zu ermöglichen. Dafür müssen Lehrkräfte größere Freiheiten in der Notengebung erhalten, um auf die individuellen Lernsituationen der Schüler*innen zu reagieren. So soll es Schulen und Lehrkräften in Regionen mit hohen Inzidenzen, großem Unterrichtsausfall oder digitalem Fernunterricht ermöglicht werden, auf einzelne Leistungsüberprüfungen (Klassenarbeiten, Tests, mündliche Noten) zu verzichten und Noten anders zusammenzusetzen. Die Notenvergabe muss sich an der aktuellen Situation orientieren.