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Gute Bildung beginnt bei den Lehrkräften!
So, 15.5.22

Gute Bildung beginnt bei den Lehrkräften!

DIESER ANTRAG WURDE VON DER LANDESMITGLIEDERVERSAMMLUNG AM 15. MAI 2022 IN MARKELFINGEN BESCHLOSSEN.

Bildung ist einer der relevantesten Faktoren für eine wohlhabende, sozial gerechte, nachhaltige und erfolgreiche, gesund entwickelte Gesellschaft. Dass Deutschland im Bereich Bildung lediglich mittelmäßig abschneidet, soll und darf nicht unser Anspruch sein.

Das schulische Bildungssystem hat durch die Schulpflicht eine immense Verantwortung in der frühen Biographie junger Menschen. Eine solidarische und progressive Bildungspolitik muss sich dieser Herausforderung nicht nur aus einer bloßen Leistungsperspektive, sondern vor allem aus der Perspektive eines Strebens nach gesunden und gleichen Entwicklungschancen für jede Person stellen.

Nach aktuellen bildungswissenschaftlichen Erkenntnissen ist mit der wichtigste Faktor für erfolgreiche Bildung die Lehrperson. Reformen und gesellschaftliche Aufmerksamkeit müssen daher nicht nur auf der Ebene des Bildungssystems ansetzen, sondern auch auf Ebene der Lehrpersonen: Die Frage nach exzellenter Bildung ist die Frage nach exzellenten Lehrpersonen. Dabei sind vor allem zwischenmenschliche, pädagogische und methodisch-didaktische Kompetenzen ausschlaggebend.

Als Grüne Jugend Baden-Württemberg setzen wir uns dafür ein, dass wir bei der Ausbildung von Lehrkräften neue Wege gehen. Durch ein durchgängig duales Studium soll die praktische Ausbildung fest in die Lehramtsausbildung integriert werden. Ein duales Lehramtsstudium bietet für Lehramtsstudierende einen Fokus auf genau die Einflussgrößen (Sozialkompetenz, Pädagogik, Didaktik usw.), welche Lehrkräfte ausmachen. Für die Lebensrealität von Studierenden bedeutet ein duales Studium eine enorme Verbesserung. Das Land Baden-Württemberg stünde hier in der Pflicht einer monetären Vergütung, wodurch die finanzielle Sicherheit Studierender gesichert wäre. Das steht im Gegensatz zu den aktuellen, unbezahlten Praxisblöcken im Lehramtstudium.

Das Bildungssystem würde von einem dualen Lehramtsstudium durch die punktuelle Entlastung der Lehrkräfte, durch das Vermeiden des Praxisschocks nach dem Studium und durch eine bessere Kosteneffizienz gegenüber dem aktuellen Studium profitieren.

Wir sehen die Pädagogischen Hochschulen, die in Baden-Württemberg einzigartig sind und glücklicherweise erhalten wurden, als eine prädestinierte, infrastrukturelle Ausgangslage, um eine duale Lehramtsausbildung an den Start zu bringen. Das duale Studienmodell zeigt bereits an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, dass Absolvent*innen des dualen Systems überdurchschnittliche gute Leistungen im Beruf erzielen. Diese überdurchschnittliche Qualität muss es auch für unser Bildungssystem geben.

Antidiskriminierung in jeglicher Hinsicht muss der Grundsatz einer freiheitlich-demokratischen Lehramtsausbildung sein. Queerfeminismus, Antirassismus und Antifaschismus sind unausweichliche Grundsätze. Verstöße, die schon in der Ausbildung sichtbar werden, müssen geahndet werden, um die demokratischen Grundsätze an unseren Schulen zu erhalten. Darüber hinaus gilt es auch, eine Sensibilität für alle weiteren Ungleichheiten der potentiellen Schüler*innen zu entwickeln, sei es die (psychische) Gesundheit, die persönlichen Fähigkeiten oder die ökonomisch-soziale Situation. Die Landeszentrale für politische Bildung muss mehr als nur durch Workshops und ähnliche Angebote eingebunden werden. Grundsätze der politischen Bildung sind für Lehrer*innen unumgänglich, dazu gehören auch ausdrücklich friedenspädagogische Grundsätze und Methoden. Lehrer*innen mit Behinderung müssen wir Nachteilsausgleiche gewährleisten und ihre Teilhaberecht sicherstellen.

Neben der regulären Lehrkräfteausbildung soll die Möglichkeit eines qualifizierten Seiten- und Quereinstiegs bestehen bleiben, auch wenn die Notwendigkeit durch die langfristige Ausstattung des Bildungssystems mit ausreichend Ressourcen und der Steigerung der Attraktivität der Lehrkräfteausbildung überflüssig werden soll. Gleichzeitig muss die Ausbildung der Fachlehrkräfte als gleichwertig anerkannt und wertgeschätzt werden. Dies muss sich auch in einer angemessenen Vergütung widerspiegeln.

Phase I - Das Studium

Das Lehramtsstudium und das anschließende Referendariat gehören zu den am längsten andauernden Berufsausbildungen, die wir kennen. Durch die universitäre Bildung werden Lehrer*innen wissenschaftliche Inhalte und Methoden vermittelt, die in ihrem Berufsalltag keine Rolle mehr spielen. Diese Überakademisierung speist sich aus der gesellschaftlichen Annahme, die Höhe des Gehalts müssen sich an einer eventuellen Berufsausbildung orientieren. Spätestens seit der Bologna-Reform wird aber deutlich, dass die universitäre Ausbildung von Lehramtsstudierenden aus der Zeit gefallen ist.

Mehr Ressourcen für die Hochschulen und Universitäten - An den pädagogischen Hochschulen und in den universitären Fächern des gymnasialen Lehramtes werden
teilweise große Studierendengruppen von zu wenig wissenschaftlichem Personal betreut. Gleichzeitig deckt die Menge der Studienanfänger*innen nicht den Personalbedarf, der perspektivisch erwartet werden muss, Studieninteressierte werden sogar abgelehnt. Studienplätze sollten mittelfristig an die realen Bedarfe des Schulsystems angelehnt werden und nicht an das absolute Mindestmaß. Wenn das Land Baden-Württemberg den mittelfristigen Kollaps seines schulischen Bildungssystems verhindern will und gleichzeitig die Qualität in den Schulen modernen Ansprüchen und individueller Förderung gerecht werden soll, dann ist eine gewaltige Investitionsoffensive in puncto Personal, Infrastruktur und Studienbetreuung unumgänglich!

Lehre nach pädagogischen Prinzipien - Die modernen, pädagogischen Grundsätze, die an den Hochschulen und Universitäten gelehrt werden, sollten ebenda auch Grundsätze ihres eigenen Handelns sein. Es erfordert mehr Kleingruppen- Trainings, um kompetentes Handeln durch Üben über längere Zeiträume zu gewährleisten. Kerntätigkeiten wie die Unterrichtsplanung, Methoden des Erklärens und psychologisch-pädagogische Grundsätze sollen durch möglichst große Annäherung an die Praxis geübt und verinnerlicht werden. Peer- und Expert*innen-Feedback ist essentiell und muss dauerhafter Bestandteil des Studiums sein. Die Mitbestimmung von Studierenden muss, parallel zum Modell demokratischer Schulen, auch in inhaltlicher, personeller und struktureller Hinsicht erlaubt sein. Essentiell sind dafür unter anderem verpflichtende Feedback-Strukturen in den universitären Veranstaltungen, die transparent aufbereitet werden und effektiv zu konstruktiver Veränderung in der Lehramtsausbildung führen.

Sonderstellungen beenden - Die universitäre Sonderrolle des gymnasialen Lehramts muss hinterfragt werden. Es obliegt keiner zeitgemäßen Logik, zwischen dem gymnasialen Lehramt und den Lehrämtern, die an den pädagogischen Hochschulen ausgebildet werden, zu unterscheiden. Auch die Unterscheidung durch den einjährigen Master, den die Kolleg*innen an den Grundschulen erfahren, bewerten wir als sinnfrei und verringert das Ansehen des Grundschullehramts ohne triftigen Grund. Studierende der Sekundarstufe I hingegen belegen ihr Integriertes Semesterpraktikum (ISP) hingegen viel zu spät erst im Master. Im Sinne der Gleichberechtigung und der frühzeitigen Berufsorientierung sollte es, wie in den anderen Lehramtsstudiengängen auch, eigentlich selbstverständlich sein, dieses Praktikum bereits im Bachelor zu absolvieren. Außerdem dürfen sonderpädagogische Inhalte keine Besonderheit der Sonderpädagog*innen sein, sondern müssen in allen Studiengängen durchgehend präsent sein.

Mehr Pädagogik fürs Gymnasiallehramt - Im Gymnasiallehramt müssen insbesondere fachwissenschaftliche Themen stärker behandelt werden, die im Schulwissen relevant sind. Momentan bekommen Lehramtsstudierende eine sehr ähnliche fachwissenschaftliche Kompetenz vermittelt, wie andere Studierende, weshalb die unterrichtsspezifischen Inhalte zu kurz kommen. Beispiele dafür sind das Latinum in verschiedenen Fächern oder die literarische Allgemeinbildung im Fach Deutsch. Außerdem müssen mehr schulartübergreifende Lehrangebote, Möglichkeiten für außerschulische Praktika sowie verpflichtende, sonderpädagogische Grund- und Weiterbildungsangebote geschaffen werden, die auf die berufliche Zukunft im inklusiven Schulsystem vorbereiten. Grundwissen im Bereich Kinder- und Jugendpsychologie muss vermehrt Eingang ins Studium finden. Im Bachelor müssen zudem mehr Inhalte der Bildungswissenschaften und Fachdidaktik vermittelt werden, da diese momentan noch sehr stark vom reinen Fachwissen geprägt sind.

Stärkere Orientierung an der Praxis - Generell ist der Fokus weniger auf wissenschaftliche, sondern mehr auf pädagogisch-didaktische Hausarbeiten (bspw. Unterrichtsentwürfe) zu legen, um die Verbindung von Theorie und Praxis besser herzustellen. Studierende müssen stärker in den aktuellen Stand der Forschung, vor allem in der Fachdidaktik und dem allgemeinen pädagogischen Wissen, einbezogen werden. Darunter fallen unter anderem aktuelle, sowie als effektiv geltende pädagogische Konzepte. Mehr Zusammenarbeit mit den Schools of Education sowie eine stärkere Kooperation zwischen Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken müssen zum Standard werden. Die Studienzulassung sollte zukünftig nicht durch den bloßen NC, sondern, vergleichbar mit den pädagogischen Hochschulen, durch ein Punktesystem, dass soziales Engagement und entsprechende Kompetenzen wertschätzt, erfolgen.

Ungeachtet der Hochschulform müssen Praktika fließender in das Studium eingebaut werden. Andauernde Semesterpraktika sollen finanziell abgesichert werden, da während dieser selten Zeit und Energie ausreichen, um einen Nebenjob zu bewältigen. Eine bessere Vor- und Nachbereitung der Orientierungspraktika und des Praxissemesters, vor allem durch passende Lehrveranstaltungen, sehen wir als zwingend notwendig. Im gymnasialen Lehramt müssen diese Praktika, vergleichbar mit den Lehrämtern an der PH, mit einem klaren, inhaltlichen Rahmen versehen werden und klare Ansprüche von seiten der Universität formuliert werden.

Phase II - Das Referendariat

Das Referendariat ist eine aufregende und prägende Zeit für angehende Lehrkräfte.

Auf der einen Seite steht die fachdidaktisch-pädagogische Ausbildung, auf der anderen Seite die praktische Umsetzung im Schulalltag. Eine Vielzahl von Akteur*innen ist daran beteiligt: Die staatlichen Seminare für Lehrer*innenausbildung, das Landeslehrerprüfungsamt, die Ausbildungsschulen, das Regierungspräsidium und die Referendar*innen selbst. Bis zu einer Einführung dualer Studiengänge bedarf das Referendariat, das in der Lehramtskarriere an das Studium in der Regel anschließt, daher eine stärkeren Verzahnung mit den Masterstudiengängen an den Universitäten und den pädagogischen Hochschulen. Die staatlichen Seminare, die Ausbildungsschulen und die jeweilige Hochschule müssen durch Absprachen und Übereinkommen regeln, dass Lehramtsauszubildende auch zwischen ihrem Master-Abschluss und dem Start des Referendariats stets Ansprechpartner*innen, Betreuungsangebote und inhaltliche Unterstützung zur Verfügung haben. Auch aus technischer Sicht muss eine Lösung gefunden werden, damit verschiedene Postfächer, Zugänge und Portale keinen Überlastungsgrund mehr darstellen. Viel Aufwand und Zufälligkeiten, wie große Pendeldistanzen, werden von den angehenden Lehrkräften auf sich genommen, um die Berufsausbildung abzuschließen. Es ist davon auszugehen, dass dadurch die Attraktivität des Referendariats akut gefährdet ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, wissenschaftliche Erhebungen zur Abbruchquote durchzuführen und eine zügige Verbesserung zu erreichen, um dem Lehrkräftemangel mittelfristig entgegenzukommen.

Startbedingungen des Referendariats - Einige Rahmenbedingungen des Referendariats müssen sich dementsprechend dringend ändern. Der Startzeitraum des Referendariats im Februar ist für Studienabsolvent*innen unpassend. Viele Absolvent*innen müssen bis zu einem Jahr warten, bis sie ihr Referendariat beginnen können. Es muss mindestens zwei Zeitpunkte im Jahr geben, zu denen man ins Referendariat starten kann, die an den Zeitpunkt des Semesterendes angepasst sind. Bei der Verteilung der Bewerber*innen ist es höchst problematisch, dass diese sich durch die sehr kurzfristigen Mitteilungen gegebenenfalls innerhalb von acht Wochen ein komplett neues Lebensumfeld aufbauen müssen: Eine neue Wohnung in Zeiten des Wohnungsmangels und ein neues Umfeld in Zeiten von erwarteten persönlichen Höchstleistungen, in denen soziale und anerkennende Unterstützung im privaten Umfeld von unabdingbarer Notwendigkeit ist. Diese enorme Flexibilität wird in kaum einem anderen Arbeitsfeld von Auszubildenden erwartet. Wir fordern eine frühere Verteilung und Information der Bewerber*innen von mindestens sechs Monaten im Voraus. Bei der Standortauswahl muss das persönliche Interesse der Bewerber*in immer beachtet und einbezogen werden. Es muss ein Mindestmaß an Mitbestimmung gelten.

Anstellungen und Verbeamtung im Referendariat - Die Gründe für einen potentiellen Abbruch im Referendariat sind vielfältig und können im beruflichen Umfeld oder im Privaten liegen. Viele Referendar*innen würden in diesem Fall gerne im darauffolgenden Jahr einen weiteren Anlauf nehmen. Das ist aber nur möglich, wenn man sich nicht verbeamten hat lassen, denn in diesem Fall ist man im kompletten Bundesland gesperrt. Wir verlieren so viele potenziell großartige, zukünftige Lehrkräfte in andere Bundesländer. In Zeiten von Fachkräftemangel ist das absolut unverantwortlich. Wie so oft wird hier die Ungleichbehandlung von angestellten und verbeamteten Lehrkräften deutlich. Über Vor- und Nachteile beider Optionen sollte noch vor der Vereidigung der Referendar*innen am Seminar informiert werden, idealerweise schon im Bewerbungsverfahren. Auch für Referendar*innen, für welche die private Krankenversicherung aus persönlichen oder solidarischen Gründen keine Option ist, ist die Möglichkeit, sich anstellen zu lassen, eine attraktive. In diesem Fall wird die Krankenversicherung vom Arbeitgeber bezahlt und es entstehen keine Kosten für die Referendar*innen. Darüber hinaus stärkt dieser Weg die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung. Der solidarische und finanziell vorteilhafte Weg sollte nicht aufgrund von mangelndem Fachwissen verschlossen bleiben.

Wir fordern eine bessere Aufklärungskampagne über die Möglichkeiten der Verbeamtung und der Anstellung, um Vor- und Nachteile noch vor dem Seminarstart abwiegen zu können.

Gleichstellung der Vorbereitungsdienste - In der Ausbildung für weiterführende Schulen sind massive Unterschiede sichtbar. Sowohl der Pflichtstundenzahl zwischen Gymnasien und Beruflichen Gymnasien im ersten halben Jahr unterscheiden sich, als auch die Gewichtung und Aufschlüsselung der einzelnen Prüfungsleistungen. Es ist nicht gerechtfertigt, dass bei einer Schulform die Schulleitungsbewertung oder Dokumentation höher gewertet wird als bei der anderen. Am Ende der beiden Ausbildungen ist es möglich, an der jeweils anderen Schulform zu unterrichten. Der Weg und die Leistungen müssen daher gleich sein. Wir fordern eine Überprüfung und Angleichung der jeweiligen Pflichtleistungen und deren Verrechnung auf die Leistungsziffer. Außerdem darf es bei unterschiedlichen Schulformen im Referendariat keine Unterschiede bei der Vergütung geben. Referendar*innen an Grundschulen sollen die gleiche Entlohnung erhalten, wie ihre Kolleg*innen an anderen Schulformen.

Lehrprobe statt Dokumentation - Alle Referendar*innen haben bereits in ihrem Studium mindestens eine (Staatsexamen), oder gar zwei (Bachelor, Master) wissenschaftliche Arbeiten verfasst und damit die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten unter erfolgreichen Beweis gestellt. Die Pflicht der Referendar*innen, eine Dokumentation im Laufe des Referendariats schreiben zu müssen, ist daher nicht sinnvoll oder zielführend. Wir fordern, die Dokumentation durch eine weitere Lehrprobe zu ersetzen.

Belastungen im Schulbetrieb reduzieren - Referendar*innen sind weder billige Vertretungslehrkräfte, noch ausgebildete Lehrer*innen. Das Referendariat zeigt sich in der Gesamtschau der Lehramtskarriere als besonders anfällig für Burnout und sonstige Überlastungssymptome, die nicht selten einen Abbruch des Referendariats zu Folge haben. Überbelastung, übermäßige Verantwortung und fehlende Betreuung müssen durch inhaltliche, pädagogische und psychologische Begleitung und Bewertung aufgefangen werden. Außerdem dürfen Referendar*innen von Seiten der Schulverwaltungen und -leitungen nicht als Lückenfüller der Stundenpläne gesehen werden, der Schulbetrieb muss rechnerisch auch stets ohne die ansässigen Referendar*innen machbar sein.

Die psychische Gesundheit von Lehramtsanwärter*innen muss stärker geschützt werden. Lehramtsstudierende und Referendar*innen sollten insbesondere in diesem stressigen Lebensabschnitt therapeutische Behandlungen nutzen können, ohne aufgrund der ggf. drohenden Konsequenz einer verweigerten Verbeamtung zwischen ihrer psychischen Gesundheit und ihrem Berufsziel abwägen zu müssen.

Funktionierende Feedbackkultur etablieren - Während des Referendariats ist es möglich, an Fachleiter*innen oder ähnliche begleitende Personen zu gelangen, die nicht gut auf den zukünftigen Job vorbereiten. Darunter kann die Qualität der Ausbildung stark leiden. Im aktuellen System gibt es daher ein Feedback System am Seminar, welches wir ausdrücklich begrüßen. Wir fordern, dass aus diesem Feedback Konsequenzen folgen: Wenn in drei Jahren in Folge die Bewertungen der Referendar*innen an die Fachleiter*innen am Seminar durchnittlich schlechter als 4,0 ausfällt, müssen sie vom Seminar und deren Stellung entbunden werden.

Abschluss und Berufseinstieg erleichtern - Referendar*innen mit drei Fächern am Gymnasium oder beruflichen Gymnasium haben bereits eine hohe Mehrbelastung und arbeiten 150% (drei Fächer) statt 100% (zwei Fächer). Sie müssen sich für zwei Fächer entscheiden, welche sie im eigenständigen Unterricht fokussieren. Im Drittfach springt man für die Lehrprobe. Besteht man das Drittfach und z. B. das Zweitfach, aber nicht das Erstfach, hat man keine Lehrbefähigung, obwohl man zwei Fächer bestanden hat. Diese bürokratische Enge kann in Zeiten von Fachkräftemangel nicht aufrecht erhalten werden. Wir fordern, dass unabhängig davon, in welcher Reihenfolge die Fächer bestanden werden, das zweite Staatsexamen und die Lehrbefähigung ausgehändigt werden, sobald zwei Fächer im Referendariat bestanden werden.

Um eine bessere und individuellere Betreuung aller Schüler*innen zu erreichen und die Attraktivität der Lehrkräfteausbildung zu erhöhen, sollte es eine Garantie zur Verbeamtung und somit zum Einsatz als Lehrkraft, nach einem erfolgreich abgeschlossenem Referendariat, geben. Auch der Einsatz mehrere Lehrkräfte in einer Klasse sollte erwogen werden.

Phase III - Fort- und Weiterbildung

Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen die Lehrkräfte an unseren Schulen. In diesen Jahrzehnten des Einsatzes kommt es darauf an, ihnen ein qualitativ hochwertiges Angebot an Fort- und Weiterbildungen zur Verfügung zu stellen. Lehrer*innenbildung unterliegt einer ständigen Weiterentwicklung im fachlichen, fachlich-didaktischen, bildungswissenschaftlichen und pädagogischen Bereich. Fort- und Weiterbildung sind somit eine Notwendigkeit für Schul-, Unterrichts- und Lehrkräfteentwicklung und bestimmen die Zukunft unserer Schüler*innen, der Schulen und des Landes.

Mehr Forschung und konzeptionelles Arbeiten - Um ein ansprechendes Angebot an Fort- und Weiterbildungen anbieten zu können, müssen Fortbildungsbedarfe qualitativ und quantitativ erhoben werden. Es braucht ein wissenschaftliches Konzept, um Handlungsbedarfe zu erkennen und in Fortbildungen umzuwandeln. Dies erfordert mehr Zusammenarbeit zwischen dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL), den Schools of Education, den Hochschulen, den staatlichen Seminaren und den Schulen, um den aktuellen Wissensstand der Lehrkräfte zu erheben. Diese wissenschaftliche Erhebung des Ist-Zustands soll es ermöglichen, Fortbildungsbedarfe auch vorausschauend zu erkennen und ein nachhaltiges, strukturiertes Fortbildungsangebot aufzubauen. So kann die Qualität der Fortbildungen erhöht werden.

Keine Einzelfortbildungen - Fortbildungen, die ein einziges Mal zu einem Thema stattfinden und somit die Komplexität und Tiefe der Thematik nicht abdecken können, sind nicht nachhaltig. Sinnvoller sind wiederholende Fortbildungen, mit direkter praktischer Eingliederung in den Unterrichtsalltag und anschließender Evaluation. So kann das Erlernte direkt angewendet, sich anschließend darüber ausgetauscht und auf den Erfahrungen aufgebaut werden.

Einführung eines übergeordneten Plans - Eine Verzahnung der einzelnen Abschnitte der Lehrkräftebildung und die Entwicklung einer Tiefenstruktur unter Berücksichtigung der einzelnen Phasen sind dringend notwendig. Hierfür bedarf es einer besseren Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Institutionen der Lehrkräftebildung. Zudem braucht es eine stetige Evaluation des Fort- und Weiterbildungsangebots, welche auch die Veränderungen in den anderen Phasen der Lehrkräftebildung in den Blick nimmt und somit für eine phasenübergreifende Qualitätssicherung sorgt.

Verpflichtende Basisfortbildungen - Nach dem zweiten Staatsexamen sollen Lehrkräfte in ein verpflichtendes Basisprogramm mit Fort- und Weiterbildungen aufgenommen werden. Dieses Basisprogramm soll die Thematiken Antifaschismus, Antirassismus, Queerfeminismus, Medienkompetenz, Datenschutz, Friedenspädagogik und Demokratiebildung umfassen. Auch die mentale Gesundheit spielt hierbei eine zentrale Rolle. Lehrkräfte werden im Alltag mit unterschiedlichsten potentiell psychisch belastenden Gefährdungskontexten der Schüler*innen konfrontiert. Deshalb braucht es nicht nur Möglichkeiten zur Weiterbildung im Bereich Burnoutprävention, sondern auch verpflichtende Basisfortbildungen durch Schulpsycholog*innen zu psychosozialen Risikosituationen und Gefährdungserkennung im Schulkontext. Darüber hinaus ist die Wissensvermittlung über Möglichkeiten und Grenzen des Handelns und Helfens notwendig.

Für alle diese Aspekte sollten die Lehrkräfte ein stetiges Fort- und Weiterbildungsangebot erhalten, welches ihnen das Evaluieren ihrer Arbeit ermöglicht und sie auf dem aktuellen fachlichen, fachlich-didaktischen, bildungswissenschaftlichen, psychologischen und pädagogischen Stand hält. Dieses Programm soll mit seinen verschiedenen Stufen, welche aufeinander aufbauen, jeder Lehrkraft das auf ihre Kompetenzen angepasste Angebot bieten. Zudem sollen Wahlpflichtmodule die Auseinandersetzung mit für die Lehrkraft besonders relevanten Thematiken ermöglichen.

Entlastung von Lehrkräften - Die Fort- und Weiterbildungen dürfen auf keinen Fall zu einer höheren Belastung der Lehrkraft führen. Die Stunden für entsprechende Bildungsangebote sind nicht auf die aktuelle Aufgabe als Lehrkraft zu addieren, sondern mit entsprechenden Freistellungen zu versehen.

Qualifizierungsprogramme und Attraktivität für Fortbildende
- Auch der Beruf als Fortbildner*in muss entsprechend wertgeschätzt werden. Für ein besseres Fortbildungsprogramm braucht es qualifizierte Fortbildende an den Seminaren für Ausbildung und Fortbildung des Lehrkräfte.

Schulartübergreifende Fortbildungen - Auch der Einblick in die anderen Schularten ist für Lehrkräfte eine wichtige Bereicherung. Insbesondere pädagogische Herausforderungen sind nicht schulartspezifisch und auch sonderpädagogische Angebote können schulartübergreifend behandelt werden. Eine Durchmischung der Lehrkräfte bei den Fort- und Weiterbildungen führt zu einem besseren Verständnis für andere Schularten, für Schüler*innen, die die Schule wechseln und für die Arbeit der anderen Lehrkräfte. Gerade das Verständnis für die Elementarbildung ist von hoher Bedeutung und kann durch gemeinsame Fort- und Weiterbildungsangebote gestärkt werden.

Fortbildung für Schulleiter*innen - Schulleiter*innen haben nicht nur aufgrund ihrer Führungsposition eine besondere Rolle, sondern sie sind auch oft für Konfliktsituationen und besondere Herausforderungen zuständig. Aus diesem Grund sollen angehende Schulleiter*innen in ihrem Einführungsseminar auch vertiefende Kompetenzen im Bereich des Konfliktmanagements erlernen und einen Überblick über psychosoziale Problem- bzw. Gefahrensituationen in Bezug auf Schüler*innen und Lehrkräfte, sowie Möglichkeiten und Grenzen des Handelns erhalten.