Leitantrag: Wandel findet Stadt
DIESER ANTRAG WURDE VON DER LANDESMITGLIEDERVERSAMMLUNG AM 09. DEZEMBER 2018 IN FREIBURG BESCHLOSSEN.
Wir wollen und müssen in der Zukunft in Städten leben, die ohne CO2-Emissionen und ohne soziale Spaltung funktionieren. Diese Städte müssen emissionsfrei sein und Stadträume für alle beinhalten. Wir wollen in sozial durchmischten Städten gemeinsam zusammenleben, demokratisch, für alle und nicht nur für Wohlhabende und Autos. Unsere Städte sollen lebendig sein, das Leben findet draußen statt und die Bürgersteige werden nachts nicht hochgeklappt. In unserer vernetzten Stadt der Zukunft nutzen wir die Digitalisierung, um enger zusammenzurücken, weniger zu besitzen und mehr zu teilen. Wir leben in Zeiten von großen Umbrüchen. Gerade jetzt ist es wichtiger denn je, als Gesellschaft darüber zu diskutieren wie wir in Zukunft zusammen leben wollen. Als GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg fordern wir, die Weichen jetzt zu stellen und zeigen auf, welche Schritte die Kommunen unternehmen müssen um bis 2050 ein gutes Leben für alle erreichen zu können.
Unsere Stadt der Zukunft muss vor allem durch eine veränderte Mobilität geprägt sein. Da Autoverkehr laut, unökologisch, platzineffizient und risikobehaftet ist, wird nicht-motorisiertem Verkehr in der Planung erste Priorität zugeschrieben. Darüber hinaus wird Verkehr dann nicht nur emissionsfrei, sondern auch autonom. Es wird keine individuelle motorisierte Mobilität mehr geben, sondern gemeinschaftlich geteilte Flotten.
Das Zusammenspiel zwischen individuellem Verkehr und öffentlichem Nahverkehr wird immer wichtiger. Gerade im ländlichen Raum ist es wichtig, dass der Umstieg von einen auf das andere Verkehrsmittel problemlos möglich ist. Dafür müssen Verkehrsknotenpunkte geschaffen werden, die für’s erste auch mit genügend kostengünstigen Park’n Ride Plätzen ausgestattet sind an denen es elektrische Lademöglichkeiten gibt. Denn dort, wo vorerst noch ein eigenes Auto benötigt wird, müssen die Strecken auf denen nur individueller Verkehr möglich ist, möglichst kurz bleiben.
Dort wo der öffentliche Nahverkehr schon durch eine sinnvolle Taktung eine Alternative für Kurzstreckenfahrten mit dem eigenen Fahrzeug darstellt, wollen wir die finanziellen Barrieren für Ein-wohner*innen mit einem 1€-Stadtticket oder 365€-Abo abbauen und so die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs erhöhen. Langfristig wollen wir einen ÖPNV, der für alle ticketlos nutzbar ist.
Vor allem in Großstädten wollen wir mit einem Mobilitätspass dem immer größer werdenden Verkehr Einhalt gebieten. Der Mobilitätspass verbindet CityMaut und ÖPNV-Ticket in einem: Alle Menschen, die sich motorisiert - egal ob mit Bus und Bahn oder im eigenen Auto - im Stadtgebiet bewegen, benötigen den Mobilitätspass der beispielsweise 365€ im Jahr kostet. Und selbst wenn einzelnen Nutzer*innen weiterhin den Individualverkehr bevorzugen, bleibt das Geld zur Investition in den öffentlichen Nahverkehr. Dies ermöglicht eine solidarische Finanzierung der unterschiedlichen Verkehrskonzepte.
Die Digitalisierung bietet eine große Chance, die Verkehrswende zu schaffen. Bis 2050 wollen wir 85% weniger automobilen Individualverkehr auf Baden-Württembergs Straßen. Das schaffen wir, indem der öffentliche Verkehr zur Normalität und der private Verkehr zur Ausnahme wird. Deshalb wollen wir Ridesharing in allen Ecken des Landes. Wir wollen das CarSharing verzehnfachen und auch die städtischen Fuhrparks abends und am Wochenende öffentlich zum Teilen anbieten. Innerstädtische Parkplätze dürfen nur noch für Carsharingfahrzeuge zur Verfügung stehen. Landesweit soll es eine flächendeckende Garantie für Carsharingparkplätze geben. Um nicht-motorisierten Individualverkehr auf innerstädtischen Straßen zu fördern, muss jede große Straße eine eigene Radspur haben. Radwege werden mit Solarpanels ausgelegt und so ein Teil der Energie der Zukunft gewonnen. Die Radwege sollen darüber hinaus die Breite einer Spur der Straße einnehmen und sind dabei baulich geschützt und schwellenfrei. Auf diese Weise soll ein engmaschiges Radwegenetz aus „Radschnellwegen“ zwischen den Quartieren und aus dem Umland in die Städte hinein geschaffen werden und für alle Menschen gut nutzbar sein. Ampeln werden an die Geschwindigkeit von Radfahrenden angepasst bzw. durch Kontaktschleifen „on-demand“ geschaltet, unter Berücksichtigung der Emissionsbilanz. Außerdem befinden sich Haltestangen für das Warten bei Rotphasen im Ampelbereich. Sichere Fahrradstellplätze werden an allen Orten ausreichend und überdacht angebracht, und an Knotenpunkten des Fahrradverkehrs befindet sich Fahrradwerkzeug. Die Kommune stellt eine flächendeckende Abdeckung von Leihrädern zu sozial verträglichen Preisen sicher. Das geschieht bedarfsorientiert, es gibt also außerdem z.B. Lastenfahrräder, Kindersitze, Körbe und E-Bikes. Der Ausbau von ruhigen, breiten und barrierefreien Fußwegen soll dahingehend verbessert werden, dass sie mit Bänken, sicheren Überwegen in regelmäßigen Abständen, grüner Abtrennung und einem Leitsystem für blinde Menschen ausgestattet werden.
Wir wollen in Zukunft in vielfältigen Städten leben. Dies muss sich auch in der Stadtentwicklung ausdrücken. Dafür braucht es mutige Ansätze und neue Ideen.
Auch dort, wo zwischen Arbeitsstätte, Freizeitstätten und Lebensort größere Entfernungen liegen, wollen wir Pendelströme reduzieren und möglichst vermeiden. Um Homeoffice und wohnortnahes Arbeiten auch in ländlichen Regionen zu ermöglichen, muss eine flächendeckende Abdeckung mit Highspeed-Internet gewährleistet sein. Nur so lassen sich Projekte wie Co-Workingspaces auf Industriestandard, die von Arbeitgeber*innen für kurze Zeit als wohnort-naher Arbeitsplatz angemietet werden können, oder Homeoffice realisieren. Wo das nicht möglich ist, möchten wir unternehmensübergreifende Sammelfahrzeuge zum Arbeitsplatz fördern. Das soll durch weniger in Anspruch genommene Pendler*innenpauschalen finanziert werden.
In kleineren Kommunen wollen wir eine Nahversorgung ohne lange Wege sicherstellen. Dafür wollen wir sozial verträgliche Lieferdienste und mobile Einkaufsmöglichkeiten wie dezentrale Markttage oder fahrende Supermärkte fördern. Hierbei ist es uns besonders wichtig, dass regionale und nachhaltige Produzierende gestärkt werden.
Wir wollen, dass bei der Entwicklung von Neubaugebieten und Stadtgebieten kommende soziale Krisen mitgedacht werden. Während deren Ausmaße und genauen Anforderungen nicht oder nur schwer absehbar sind, ist dennoch klar, dass es immer wieder kurzfristigen Bedarf an Flächen geben kann. Daher wollen wir, dass bei der Entwicklung neuer Stadtgebiete in Zukunft über die gesetzlich geregelten Maße Flächen zur sozialen Nutzung freigehalten werden. Hierbei wird von vornherein kommuniziert, dass sie für Interimsnutzung zur Verfügung stehen, bis ein städtischer Bedarf besteht - wie es zum Beispiel in der Vergangenheit zur kurzfristigen Unterbringung von Geflüchteten nötig war. Lange Suchläufe werden somit in Zukunft vermieden und dezentrale Lösungen sind gewährleistet. Nach Bewältigung der kommunalen Aufgabe, wird die Fläche erneut einer Interimsnutzung zur Verfügung gestellt.
Zur Versorgungssicherheit gehört natürlich auch eine solide, medizinische Versorgung. Wir wollen daher Ärztezentren aktiv fördern und dort, wo Kommunen in Trägerschaft von Pflegebetrieben sind oder über sonstige Möglichkeiten der Einflussnahme verfügen, für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege streiten: Mehr Mitsprache in der Arbeitszeit, aber vor allem verkürzte Ar-beitszeiten bei vollem Lohnausgleich können die Situation verbessern. Den immer stärkeren Einsatz von Leih- und Zeitarbeit in der Pflege lehnen wir ab. Pflegearbeit wird im Zuge des demographischen Wandels immer wichtiger. Diese Arbeit muss angemessen wertgeschätzt werden, weswegen Menschen, die sich für diesen anspruchsvollen Beruf entscheiden, eine sichere und gute Beschäftigung garantiert haben müssen. Wir müssen Stadtquartiere fördern, die ein Zusammenspiel aus Wohnen, Coworking, Kultur und Nahversorgung, Kinder- oder Seniorenbetreuung zusammen denken. Dadurch entstehen u.a. ein neuer gesellschaftlichen Zusammenhalt und kürzere Wege, die das Pendeln in die Innenstädte nicht mehr nötig machen. Unserer Stadtquartiere der Zukunft zeichnen sich durch Nutzmischung und soziale Vielfalt aus. Wir wollen kollektive Bau- und Wohnformen umsetzen, Entprivatisierung (z.B. durch kommunalen Ankauf oder Syndikatsprojekte) und Baugemeinschaften fördern. Wohnen und Arbeiten darf in der Stadtentwicklung nicht getrennt gedacht werden. Zusätzlich dazu wollen wir auf kommunaler Ebene die Gründung von gemeinschaftlichen Wohnbau-gesellschaften in städtischer Hand fördern und die Rahmenbedingungen für Genossenschaften die sich im Wohnungsbau engagieren attraktiver gestalten. Im digitalen Informationszeitalter ist es wichtiger denn je, dass wir bewusst Lebensräume schaffen, die ein Zusammenkommen fördern. Daher wollen wir Mehrgenerationenhäuser, genauso wie Kultur- und Jugendzentren und öffentliche Cafés stärken.
Unsere Kommunen sind Orte des Zusammenlebens. Alle Menschen müssen in den Kommunen teilhaben können. Deswegen möchten wir finanzielle Barrieren des kommunalen, öffentlichen Lebens abbauen.
Ob Hilfe beim Rasenmähen, die geteilte Bohrmaschine, das zu verschenkende Sofa oder der Lieferservice vom Bauern und der Apotheke: Digitale Marktplätze stärken die Quartiersverbundenheit und bewahren den Zusammenhalt in dörflichen Strukturen.
Um allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen, müssen alle Zugänge haben, die für sie nutzbar sind. Auch Menschen mit Behinderung sollen in der allgemein üblichen Art und Weise, ohne besondere Erschwernisse und fremde Hilfe Zugang finden. Das betrifft einerseits die Planung baulicher Maßnahmen, reicht jedoch darüber hinaus, denn auch Inhalte und Kommunikation müssen für alle zugänglich sein, um Teilhabe zu gewährleisten.
Dort, wo die Wohnungssuche zur Verzweiflungszeit wird, wollen wir, dass die Städte verstärkt direkt über Wohnungsbaugesellschaften in den Markt eingreifen. Bestenfalls werden die Kommunen nach dem Vorbild Wiens eine relevante Größe im Wohnungsmarkt, indem die kommunalen Gesellschaften sich intensiv an Neubauprojekten beteiligen, sich aber auch in bestehende Immobilien einkaufen oder pachten. So können die Städte direkt Einfluss auf die Mieten und Anteile des sozialen Wohnungsbaus nehmen. Langfristig sollte ein Anteil am Mietwohnungsmarkt von 30% - wieder nach dem Vorbild Wiens - das Ziel sein.
Wir wollen die kollaborative Stadt, in der Teilen, Tauschen und Partizipieren einfach stattfinden kann. Dazu braucht es eine starke Förderung von nicht-kommerzielle Baugemeinschaften, Car-Sharing-Modellen, Urban-Garden-Communities aber auch von Co-Working-Spaces. Wir wollen Initiativen fördern, die städtische und privat zur Verfügung gestellte Grünflächen für Ur-bangardening nutzen wollen, insbesondere dann, wenn dabei essbare Pflanzen angepflanzt werden. Dabei bietet sich auch die Möglichkeit Schulklassen o. Kindergärten einzubinden, um mittels praktischer Erfahrungen die Wertschätzung für Lebensmittel und deren Produktion zu veranschaulichen. Vor allem im ländlichen Raum müssen wir aktive Ausbildungsbetriebe fördern, denn so entstehen Anreize für junge Menschen, vor Ort ihre Ausbildung zu beginnen. Um den Druck auf den Wohnungsmarkt zu verringern, wollen wir zusätzlich zu höheren Subventionen in sozialverträglichen Wohnraumbau den existierenden Leerstand an Wohnraum erfassen und mit einem Zweckentfremdungsverbot, ähnlich dem Stuttgarter Modell, mit Bußgeldern belegen. Dabei soll die Kommune Unterstützung beim Vermieten bieten. Bei Kooperationsverweigerung fordern wir Werkzeuge, die Wohnungen der*dem Eigentümer*in entziehen kann. Und wir wollen aktive Partizipationsmöglichkeiten aller in der Planung und Gestaltung unserer Stadt, denn wir wollen mitentscheiden, wie unsere Stadt von morgen aussieht. Dazu gehören offene Workshops, aber auch digitale Mitwirkmöglichkeiten. Insbesondere junge Menschen, mit einem Fokus auf Kinder und Jugendliche, müssen in der Kommunalpoltik mehr Entscheidungsmacht bekommen. An dieser Stelle muss gewährleistet sein, dass Kinder- und Jugendsozialarbeit ausreichende Möglichkeiten erhält, durch bspw. innovative und partizipative Projekte, demokratisches Verständnis und Kinder- und Jugendbeteiligung aktiv zu unterstützen und zu fördern. Damit die Einbindung von Jugendlichen in der Kommunalpolitik nicht nur eine Möglichkeit bleibt, fordern wir eine verbindliche Jugendquote auf den Listen von Bündnis 90/Die Grünen. Bei entsprechender Bewerber*innenlage sollte mindestens jeder 9. Platz von einer Person unter 28 belegt werden, da dies dem Anteil dieser Altersgruppe in der Bevölkerung entspricht. Denn das politische Engagement aller Bürger*innen muss besonders in seinen Anfängen gefördert werden. Um allen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, wollen wir finanziell schwächere Mitglieder unserer Gesellschaft unterstützen und für diese einen unentgeltlichen Eintritt z.B. in Schwimmbäder und zu Büchereien ermöglichen. Zusätzlich fordern wir für junge Menschen freien Eintritt in Kultureinrichtungen. Wir wollen Integration ermöglichen. Dazu fordern wir eine dezentrale Unterbringung und passgenaue Begleitung von Geflüchteten. Wir wollen junge Frauen* stärken und mehr Frauen* in höhere Verwaltungspositionen bringen. Dafür setzen wir auf verbindliche Zielvereinbarungen und Förderprogramme.
Wenn wir 2050 CO2-neutral leben wollen, brauchen wir eine Wirtschaft, die nicht auf Wachstum und Profitmaximierung baut, sondern die planetarischen Grenzen, soziale Teilhabe und die Menschen-rechte in den Fokus nimmt. Kommunen können Vorbilder sein für einen Wandel, der dafür global nötig ist.
Das Konzept der Permakultur ist allgemein auf die Schaffung nachhaltiger und naturnaher Kreisläufe ausgelegt. Es umfasst dabei verschiedenste Themenbereiche. Beispielsweise die Regionalisierung der Nahrungsmittelversorgung. Wir wollen regionale Produkte fördern, sei es in den Kantinen unserer Verwaltung oder durch das Ermöglichen von regionalen Wochenmärkten. Das wird gefördert, indem wir auf städtischen Flächen solidarische Landwirtschaft ermöglichen. Diese Art der Community Supported Agriculture fördert landwirtschaftliche Betriebe und einen direkten Bezug zwischen Produzent*innen und Konsument*innen. Insbesondere in kleinen Kommunen wollen wir solche Initiativen fördern. Eine aus diesem Konzept geborene Initiative sind die sogenannten Transition Town Initiativen, ein Zusammenschluss von Bürger*innen, die ihre Kommune autonomer, resilienter machen und gleichzeitig ihren CO2-Fußabdruck reduzieren wollen. Wir sehen diese Initiativen als Thinktanks, die verschiedene interessante Konzepte erproben.
Zwar beschäftigt das Thema Divestment schon seit längerem viele Städte, dennoch sind kommunale Gelder oftmals noch bei Instituten angelegt, deren Portfolios nicht gerade durch nachhaltige Investments überzeugen können. Doch für uns ist es gerade in kleineren Kommunen, in denen es keine große, kritische Öffentlichkeit gibt, die hier Druck für saubere Geldanlagen ausübt, wichtig, konsequentes Divestment einzufordern und somit die FossilFree Bewegung zu fördern. Diese setzt sich dafür ein, dass (öffentliche) Gelder nicht mehr zur Finanzierung fossiler Energien beitragen, sondern nachhaltig investiert werden.
Die reine Ausrichtung an ökonomischen Parametern ist überholt. Wir wollen, dass in allen städtischen Betriebe eine Gemeinwohlbilanzierung zum Standard wird. So wollen wir in naher Zukunft sicherstellen, dass Umwelt-, Klima- und Menschenrechtsschutz sowie die Interessen der Arbeitnehmer*innen die Erfolgsbilanz bestimmen und politisch entsprechend honoriert werden können. 2050 darf eine am monetären Profit orientierte Wirtschaft keinen Platz mehr haben.
Gleichzeitig sollen sich Kommunen auch ihrer Verantwortung bewusst sein und bei eigenen Veranstaltungen, in der eigenen Kantine und bei allen Gelegenheiten möglichst nachhaltige und regionale Produkte einsetzen. Wir wollen, dass die Kommunen die Idee der Fair Trade Stadt ernst zu nehmen.
Das Weltklima erhitzt sich immer weiter und die bisherigen Maßnahmen sind eher Schönheitskor-rekturen als Systemänderungen. Wir wollen auch noch in Zukunft eine saubere Umwelt, ein gutes Leben und ein intaktes Klima.
Auf dem Land wollen wir deshalb vorrangig den Ausbau von Solaranlagen auf freien Dachflächen voran bringen. Eine genossenschaftliche Dezentralisierung der Energieproduktion kann hier, wie das Beispiel der Energie Werke Schönau zeigt, auf allen Ebenen der Nachhaltigkeit Vorteile bringen. Außerdem wollen wir die Radinfrastruktur ausbauen und, wie die Gemeinde Krommenie in den Niederlanden, Radwege mit eingebauten Photovoltaik-Modulen errichten.
Städtische Liegenschaften müssen sich nicht nur an ästhetischen Ansprüchen messen lassen: In kleineren Städten wollen wir vermehrt auf gemeinschaftlich genutzte Grünflächen setzen und Urban Gardening kommunal fördern und ausbauen. Zum Beispiel wollen wir, dass kommunale Eigenbetriebe ihre Flächen ökologisch bewirtschaften und dabei den Platz der Autos im Stadtbild radikal verringern. “Schottergärten” wollen wir verbieten. Außerdem sollen auf öffentlichen Grünflächen erweiterte Arten-, insbesondere Insektenschutzmaßnahmen getroffen werden.
Stadtbegrünung, auch in die Vertikale, ist vor allem für sehr stark verdichtete Großstädte notwendig. Gerade in Anbetracht der immer stärker notwendigen Klimaanpassung wollen wir Gebäude so weit wie möglich begrünen, sei es vertikal oder auf den Dächern. Städte müssen sich hier ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und in ihren kommunalen Gebäuden voran gehen und auch neue Wege ausprobieren.
Um der Erhitzung der Innenstädte entgegen zu wirken wollen wir Flächen aus dem motorisierten Individualverkehrsbereich zurück gewinnen, begrünen und in städtische Parks und Naherholungsorte verwandeln. Gerade im Bereich der Energieerzeugung müssen die Stadt, ihre Betriebe und Tochtergesellschaften mit gutem Beispiel voran gehen. Deshalb fordern wir vor Ort ein konsequentes Divestment von kommunalen Anlagen und die Beziehung von 100% zertifiziertem Ökostrom für städtische Einrich-tungen und Unterorganisationen. In Auschreibungen für private Verkehrsunternehmen wollen wir den Betrieb mit Ökostrom festschreiben. Eigene kommunale, netzgebundene Fahrzeuge sollen so schnell wie möglich auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Um den weltweiten Lithiumverbrauch für Akkus zu reduzieren soll für Autos und Busse in kommunaler Hand ein Umstieg auf Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie vorgesehen werden, gemeinsam mit der Nutzung vorhandener Tankstelleninfrastruktur zur Bereitstellung von in Dibenzyltoluol chemisch gespeichertem Wasserstoff. Sofern vorhanden wollen wir die kommunalen Stadtwerke ökologisch und sozialverträglich umbauen und in wahre Klimabotschafter*innen verwandeln. Neben der Erzeugung von 100% Erneuerbaren Energien für die Stadt und ihre Bewohner*innen, sollen sie als Multiplikator*innen fungieren und Motor für den erneuerbaren Wandel in der Region sein.
Unsere Freizeitplanung ist ein wichtiger Bestandteil unseres täglichen Lebens. Ob Kultur, Sport oder Ehrenamt, einen Großteil unserer Freizeit verbringen wir in unserer Kommune.
Junge Initiativen und Kollektive müssen in die Kulturlandschaft unserer Kommunen eingebunden werden. Gerade kleine Kollektive und junge Akteure können davon profitieren, wenn sie Infrastruktur wie Bühnen nutzen können und somit Teil etablierter Veranstaltungen werden können. Dazu gehört aber auch dass nicht nur die unattraktiven Bühnenzeiten zugewiesen werden, sondern auch die Gestaltung eines ganzen Abends oder die Nutzung einer Location für eine Nacht möglich sind und insbesondere finanzielle und administrative Unterstützung aus der Stadtverwaltung gegeben sind.
Gerade in mittelgroßen Städten ist die Kulturlandschaft jungen Menschen oft wenig bekannt und finanzielle Barrieren hindern junge Menschen zusätzlich daran, Kultur zu erfahren.
Aber wo es eine ausgeprägte Kulturszene gibt, müssen wir dafür sorgen, dass sie diese auch allen zugänglich ist. Daher wollen wir, dass Landkreise oder Kommunen allen jungen Bürger*innen zum 16. Geburtstag einen 100€-Kulturgutschein schenken
In Großstädten wollen wir Nachtbürgermeister*innen etablieren und so den Interessenausgleich zwischen Feiernden und Anwohner*innen fördern. Denn eine funktionierende Clublandschaft und lebendige Subkultur brauchen eine Interessenvertretung, die deren Bedeutung für eine lebenswerte Stadt klar macht und für ein gutes Zusammenleben mit den Anwohner*innen sorgt.
Generell wollen wir die Kulturförderung demokratisieren, sodass Mittel für alle Sparten von Kultur zugänglich sind. Lokale Festivals, die für junge Menschen relevant sind, müssen gefördert und Open Air Flächen unkompliziert ausgewiesen werden. Stadtverwaltungen müssen die Relevanz solcher Veranstaltungen erkennen und bei Problemen mit ihrer fachlichen Kompetenz beratend zur Seite stehen und sinnvolle Lösungen ermöglichen. Außerdem wollen wir Zwischennutzungen von städtische Flächen und Gebäuden zulassen. Die Sperrzeit ab 5 Uhr wollen wir aufheben und dafür unkomplizierte Ausnahmeregelungen einführen. Die städtischen Büchereien müssen als Aufenthalts- und Weiterbildungsorte weiter bestehen und gefördert werden. Dabei müssen sie im digitalen Zeitalter, einen Zugang zu allen Medienformen ermöglichen und im Sinne eines Arbeits- und Aufenthaltsortes auch Arbeitsplätze und Zugänge zum Internet bereitstellen. Auch kommunale Kinos wollen wir aktiv fördern, um das Kulturgut Film abseits kommerzieller Kinos weiterhin in Kinoatmosphäre erlebbar zu halten. Der Sport in der Kommune hat eine große gesellschaftliche Funktion. Vereinsförderung ist eine wichtige kommunale Aufgabe und muss weiter gefördert und ausgebaut werden. Es muss mehr Hallenkapazitäten zur Verfügung gestellt werden, aber auch ein alternatives Sportangebot, z.B. Freiluftangebote wie Trimmdichpfade, Streetballfelder oder Freiluftturngeräte, ermöglicht werden. Das kommunale Sportstättenangebot muss mit der Zeit gehen. Mountainbiketrails, Kletteranlagen an den städtischen Hallen, aber auch Krafttrainingsmöglichkeiten in den städtischen Hallen gehören heute genauso zum kommunalen Sportangebot wie die klassischen Sporthallen und -plätze. Eine besondere Rolle muss auch den städtische Bädern als Sportstätten zukommen. Vor allem die Freibäder haben das Potenzial zu einer allgemeinen Sport- und Begegnungsstätte zu wachsen. Kommunen müssen bewusst Sportevents in die Stadt holen bzw. in Kooperation mit den Vereinen vor Ort ausrichten, die junge Menschen ansprechen. Die kommunalen Sportangebote brauchen kurze Anfahrtswege und eine Integration ins Stadtbild. Auch muss geprüft werden, ob andere Fördermöglichkeiten, wie zum Beispiel die Städtebauförde-rung, auch für Zwecke des Sports eingesetzt werden können, da die Mittel für den Sport traditionell immer zu knapp sind. Sportförderung darf auf keinen Fall nur Spitzenförderung sein. Die finanzielle Unterstützung von Sportvereinen sollte sich nicht daran orientieren, welche Sportrichtungen möglichst populär ist oder mit welcher Sportart man die meiste öffentliche Aufmerksamkeit erhalt. Sportangebote sollen für die breite Bevölkerung angeboten werden und nicht vom Geldbeutel abhängig sein.
Die Antworten und Lösungen auf die drängendsten Fragen unserer Zeit, können wir nur im globalen Miteinander lösen. Dafür braucht es Begegnungen, die kulturellen Austausch, aber auch Erfahrungs- und Wissensaustausch ermöglichen. Dafür wollen wir in den Kommunen den Grundstein legen.
Wir wollen, dass Europa auch in kleinen Gemeinden erlebbar wird. Daher wollen wir Programme zur Förderung des Verständnisses der europäischen Union auch in kleinen Gemeinden auflegen. Bei diesen sollen mit Veranstaltungen die europäische Idee und die Europäische Union vermittelt werden und lokale Akteure über die Fördermöglichkeiten der EU informiert werden. Vor allem soll im Rahmen des ‘Dein Dorf in Europa’-Programms ein Austauschprogramm mit einem anderen, europäischen Dorf und einem Besuch der Institutionen in Brüssel oder Straßburg Europa stattfinden.
Gemeinsam Lösungen erarbeiten und voneinander lernen, das kann auch zwischen kleinen Städten funktionieren. Neue Herausforderungen sind vielleicht in anderen Teilen der Welt schon längst bekannt und unkonventionelle, innovative Lösungsansätze können auch in unseren Kommunen adaptiert werden. Und auch in die andere Richtung gilt, dass der Austausch auf kommunaler Ebene oftmals direkter und effizienter ist, als große Kooperationen zwischen Staaten: Egal ob es wie Freiburg oder Sindelfingen ein Erfahrungs- und Personalaustausch im Bereich der Kläranlagentechnik ist oder Müllabfuhren voneinander lernen, wie es zwischen Köln und Tunis der Fall ist - durch den direkten Wissenstransfer können neue oder altbewährte Techniken direkt erprobt und umgesetzt werden.
Ein kosmopolitisches Europa muss alle mitnehmen. Dazu gehören europäische und weltweite Austauschprojekte zwischen jungen Menschen, die sich nicht auf gut situierte Elternhäuser oder Gymnasien beschränken. Die Bünde zwischen Partnerstädten oder Partnerschulen sollten durch regelmäßige Freizeiten oder Sprachkurse in den Ferien und insbesondere im Sommer gestärkt werden.
Unsere Kommunen sollen außerdem sichere Häfen sein. Es kann nicht sein, dass, während der neofaschistischen Politik Salvinis und des Wegschauens der Europäischen Union, wenn Menschen im Mittelmeer treiben, eine humane Flüchtlingspolitik daran scheitert, dass sich keine Kommunen finden, welche die geretteten Menschen aufnehmen. Daher fordern wir von allen Städten weiterhin Aufnahmeeinrichtungen vorzuhalten und im Zweifelsfall die Aufnahme von im Mittelmeer Geretteten anzubieten. Denn die Fluchtursachen und widrigen Lebensumstände, die unsere Art zu Leben und zu Wirtschaften, auslösen, sind weiterhin vorhanden - die europäische Abschottungspolitik erkauft sich hier nur blutigen Abstand zu den flüchtenden Menschen.