Strobl vernachlässigt die Digitalisierung in der Polizei
Die GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg kritisiert anlässlich des Computersicherheitstages klaffende Lücken in der digitalen Infrastruktur und Ausstattung der Polizei und prangert fehlende Sensibilisierung und Medienkompetenz an.
Die Landessprecherin der Parteijugend, Sarah Heim, zieht Bilanz: “Innenminister Strobl hat die Grundlagen verschlafen: es braucht eine Polizei, die im digitalen Zeitalter angekommen ist, dementsprechend ausgestattet und ausgebildet ist. Nach zwei unnötigen Verschärfungen des Polizeigesetzes ist klar, dass die CDU hier lieber Symbolpolitik betreibt.“ Tobias B. Bacherle, Spitzenkandidat der GRÜNEN JUGEND Baden-Württemberg zur Bundestagswahl 2021, ergänzt: “Expertise auf Landesebene zu bündeln und in Zukunft besser auszustatten ist sinnvoll, aber mindestens genauso notwendig ist es, digitale Basics in der Breite auszubauen”. Das betreffe sowohl die Infrastruktur als auch die digitale Kompetenz der Beamt*innen, so die Jugendorganisation der Grünen Baden-Württemberg.
Teil der Forderungen der GRÜNEN JUGEND Baden-Württemberg ist eine Ausstattungsoffensive, da den rund 31.000 Polizeibeamt*innen im Land sollen ab 2021 gerade mal ungefähr 4800 Smartphones zur Verfügung stehen, also ein Gerät für etwa 6 Beamt*innen. Beamt*innen würden teilweise private Handys und Messenger Dienste nutzen, um untereinander zu kommunizieren. Landessprecherin Heim betont: “Für eine Institution, in der hochsensible persönliche Daten erfasst werden, ist das unverantwortlich”.
Einerseits sieht die GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg Chancen für eine mögliche Effizienzsteigerung bei der Beweisaufnahme, vielmehr hebt sie jedoch die Sicherheit polizeilicher Kommunikation hervor: Es brauche eine angemessene Software, um datenschutzrechtlich konforme und für die Arbeit effiziente Kommunikation und Verfahren zu ermöglichen. Dabei solle möglichst auf Open Source Lösungen gesetzt werden, solange die Sicherheit der polizeilichen Arbeit damit nicht riskiert werde.
Kurzfristig sollten sichere End-Zu-End-verschlüsselte Messenger-Dienste auch auf den Dienstgeräten eingesetzt werden. “Es ist sinnbildlich für den Stand der Digitalisierung im Innenministerium, dass diesem nur WhatsApp einfällt, obwohl die Nutzung von besser verschlüsselten Dienstleistern, wie eben Threema oder Signal, durchaus sinnvoll sein könnte”, so Bacherle. Zudem verlangt die GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg einen Ausbau zu “vernünftigen Breitband-Anschlüssen” aller Dienststellen.
Auch zu den Themen Cyberkriminalität und Medienkompetenz stellt die Jugendorganisationen der Grünen klare Forderungen. Die Zentrale Ansprechstelle für Cybercrime (ZAC) stuft sie als verbesserungswürdig ein, denn diese, sowie deren Task Force Digitale Spuren, müsste weiter ausgebaut werden, sodass Bearbeitungshalden reduziert und zukünftig alle Ermittlungsverfahren zeitnah bearbeitet werden könnten. Damit einhergehend fordert sie eine Ausbildungs- und Einstellungsoffensive von IT- und Cyberkriminalitäts-Expert*innen.
Darüber hinaus brauche es eine Stärkung der digitalen Grundkompetenz und Sensibilisierung innerhalb der Polizei. Dazu benötige es entsprechende und regelmäßige Schulungen, um Beamt*innen über die Nutzung der digitalen Infrastruktur sowie Straftaten im digitalen Raum zu sensibilisieren.
Um die Medienkompetenz der Beamt*innen zu stärken, fordert die Jugendorganisation einen stärkeren Akzent auf Quellenkritik in der polizeilichen Ausbildung und in laufenden Fortbildungen. “Dadurch wird zu Themen wie Hate Speech, Fehlinformation und Fake News, aber auch sexualisierter, rassistischer sowie antisemitisch-motivierter Verbrechen sensibilisiert und Fertigkeiten zum würdigen Umgang mit Betroffenen vermittelt”, erläutert Heim.
Damit einhergehend fordern die Junggrünen, dass man künftig polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit und Antidiskriminierungsarbeit zusammendenke. Immer wieder gebe es beispielsweise Pressemitteilungen in denen die Herkunft der Täter*innen veröffentlicht würde, auch wenn dies nicht in unmittelbarem Zusammenhang zum Tathergang steht. Das zeigt die Notwendigkeit für höhere journalistische Standards in der digitalen polizeilichen Kommunikation sowie eine Sensibilisierung für die Achtung der Grundrechte und des Neutralitätsgebots.
Um Antisemitismus im Netz konsequenter ermitteln und bestrafen zu können, wünscht sich die Grüne Jugend eine verstärkte Kooperation mit dem Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung. Ebenso fordert sie eine verbesserte Aufklärung von rassistischen und sexistischen Äußerungen und Straftaten im Netz, “denn besonders im digitalen Raum trauen sich viele unter dem Vorwand der Anonymität, menschenfeindliche Äußerungen und Drohungen von sich zu geben”.