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Wald, Wasser, Wiesen - Umfassender Umweltschutz für eine lebenswerte Zukunft
So, 15.5.22

Wald, Wasser, Wiesen - Umfassender Umweltschutz für eine lebenswerte Zukunft

DIESER ANTRAG WURDE VON DER LANDESMITGLIEDERVERSAMMLUNG AM 15. MAI 2022 IN MARKELFINGEN BESCHLOSSEN.

Unsere Umwelt zu erhalten und zu schützen ist eine der zentralsten und wichtigsten Aufgaben unserer Zeit. Nur so können wir die Grundlage allen Lebens und der uns bekannten Welt bewahren. Umweltschutz ist somit keine Option, sondern unser aller Pflicht!

In diesem Antrag werden Aspekte des Umweltschutzes aufgegriffen und notwendige Maßnahmen gefordert. Er gliedert sich dabei anhand zentraler Bereiche des Umweltschutzes und seiner wichtigsten Schutzgüter. Der Klimaschutz, welcher ein Kernbereich des Umweltschutzes darstellt, wird hierbei größtenteils außen vor gelassen, da die Thematik in anderer Weise schon grundlegend bearbeitet wurde. Beginnend werden mit der Biodiversität, der Ressourcennutzung und der Umweltbildung elementare Thematiken, die Schutzgut und Teilbereich übergreifend sind, ausgeführt. Darauffolgend gliedert sich der Antrag in folgende Kapitel:

1. Boden und Moore

2. Gewässer

3. Luft

4. Kreislaufwirtschaft und Cradle-to-Cradle

5. Wälder

6. Landschaft und Offenland

7. Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft

Biodiversität

Der Verlust der Ökosysteme und der Biodiversität stellt eine Gefahr für die Funktionalität und die Selbsterhaltung des Erdsystems dar und ist deshalb ohne Mühe vergleichbar mit dem Klimawandel. Es geht dabei nicht allein um den Erhalt der Artenvielfalt, sondern um den Erhalt der Ökosystemfunktionen und Ökosystemdienstleistungen, die die Lebensgrundlage von uns Menschen darstellen. Entscheidend für die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen ist ein stabiles System aus Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Dabei ist nicht die bloße Anwesenheit einer Art hinreichend, sondern eine Art muss mit der notwendigen Anzahl von Individuen vertreten sein. Auch ist eine große Individuenzahl einer Art notwendig für eine hohe genetische Diversität mit vielfältigen vererbbaren Strategien, die der Art erlauben, mit globalen Veränderungen umzugehen. Studien zeigen, dass im Moment die Anzahl der wildlebenden Tiere erheblich zurückgeht, während diese Tierarten zumeist (noch) nicht ausgestorben sind. Gegenwärtig wird die Artenvielfalt vor allem durch aufwendige Maßnahmen in einzelnen Lebensräumen gesichert, sodass das Überleben einer Art möglich ist, während sie ihre Rolle nur noch in sehr wenigen Ökosystemen einnehmen kann, da sie so selten ist.

Obwohl die gegenwärtigen Veränderungen von Ökosystemen sehr schnell ablaufen und kaum vergleichbar zu ökosystemaren Veränderungen der Vergangenheit sind, muss beachtet werden, dass sich Ökosysteme verändern und sich schon immer verändert haben. Veränderung ist ein entscheidender Bestandteil lebender Systeme. Deshalb ist es schwierig, einen historischen, vermeintlich natürlichen oder wertvollen Zustand eines Ökosystems unter Schutz zu stellen - insbesondere in Zeiten des Klimawandels ist Veränderung unvermeidlich. Deshalb müssen wir als Gesellschaft neu bewerten, was wir an Ökosystemen schützen wollen. Dies kann die Artenvielfalt sein, eine oder mehrere Ökosystemdienstleistungen oder die Ähnlichkeit zu einem zuvor definierten historischen Zustand. Die Auswahl des Schutzziels muss transparent und unter Einbindung aller gesellschaftlichen Akteure erfolgen. Unsere mitteleuropäischen Ökosysteme sind schon seit langer Zeit nicht mehr selbsterhaltend und erfüllen viele Ökosystemfunktionen kaum mehr. Deshalb benötigen wir eine Wiederherstellung unserer Ökosysteme - den Zustand, den wir wiederherstellen möchten, müssen wir jedoch gesellschaftlich aushandeln.

Insbesondere unsere industrialisierte Landwirtschaft und zunehmende Inanspruchnahme von Fläche, die durch Siedlungen und Verkehrswege zerschnitten und versiegelt wird, gefährdet die baden-württembergische Biodiversität. Die hohe Anzahl von Nutztieren ist verantwortlich für Biodiversitätsrückgänge, denn zur Produktion von Futtermitteln werden große, intensiv genutzte Flächen beansprucht, während gleichzeitig verhältnismäßig wenig Nahrungsmittel erzeugt werden. Außerdem ist die Nutztierhaltung mitverantwortlich für einen Überfluss an Stickstoff, der Gewässer gefährdet und Ökosysteme überdüngt und damit aus dem Gleichgewicht bringt. Um dem entgegenzuwirken, muss die Anzahl von Nutztieren und damit auch der Konsum tierischer Lebensmittel sinken - dann können Nutztiere neben der Produktion von Lebensmitteln auch wieder zur Vielfalt und Biodiversität in unserer Landschaft beitragen, wie sie es über Jahrhunderte getan haben.

Der schädliche Einfluss von Verkehrswegen und Siedlungen auf die Biodiversität kann erheblich reduziert werden. Dazu gehört die Beschränkung von Versiegelungen, der Schutz noch unzerschnittener, großflächiger Landschaften, die Vernetzung von Lebensräumen und die naturnahe Ausgestaltung von Siedlungen. Unzerschnittene Landschaften müssen primär unter Schutz gestellt und mit anderen Schutzgebieten verbunden werden. Dazu gehören zum einen verbindende Landschaftsstrukturen wie Hecken, Waldraine, Gräben oder Wiesen für Arten des Offenlandes, der Gewässer und des Waldes in der Landschaft. Zum anderen dürfen Straßen nicht mehr zum Ausbreitungshindernis werden, sondern Anlagen zur Überquerung für große Tiere und zur Unterquerung für kleine Tiere müssen der Standard sein. Städte bieten aufgrund ihrer Vielfalt und der weniger intensiven Nutzung der Lebensräume einen besonderen Schutzraum für Biodiversität. Diesen gilt es zu stärken - auch durch Auflagen für die Nutzung öffentlicher und privater Flächen.

Der Klimawandel stellt eine zunehmende Gefahr für die Biodiversität dar, ist jedoch keinesfalls die einzige. Der Verlust von Arten in den vergangenen Jahrhunderten ist vor allem auf eine direkte Ausbeutung und einen Verlust von Lebensräumen sowie eine direkte Konkurrenz mit invasiven Arten zurückzuführen. Würden wir morgen klimaneutral wirtschaften, würde das die Gefährdung der Biodiversität kaum mindern, denn sie wird im Moment insbesondere durch industrialisierte Landnutzung gefährdet. Klimaschutz heißt immer auch, Biodiversität zu schützen, aber ist allein bei weitem nicht ausreichend. Gleichzeitig sind nur intakte Ökosysteme mit intakten Populationen verschiedener Tier- und Pflanzenarten in der Lage, Effekte des Klimawandels durch Kohlenstoff- oder Wasserspeicherung abzumildern. Der Schutz von Klima und Biodiversität gehen also Hand in Hand, sind jedoch nicht gleichbedeutend und können miteinander auf derselben Fläche konkurrieren.

Ressourcennutzung

Auf einem begrenzten Planeten ist nur eine begrenzte Menge natürlicher Ressourcen vorhanden. Ein immer weiter steigendes Wachstum mit einer immer weiter steigenden Nutzung natürlicher Ressourcen ist nicht möglich. Hinzu kommt, dass der Verbrauch natürlicher Ressourcen immer mit Belastungen für die Umwelt verbunden ist. Der Abbau und die Nutzung natürlicher Ressourcen gehen mit Emissionen und weiteren Umwelteinwirkungen einher und verändern Ökosysteme oft unwiederbringlich. Gleichzeitig steigt die Nutzung natürlicher Ressourcen und daraus resultierende Konkurrenzen um knappe Ressourcen weltweit an. Knapper werdende Ressourcen und instabile Rohstoffpreise können zu wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen führen. Es ist daher nicht nur ökologisch notwendig, sondern auch wirtschaftlich und sozial unabdingbar, natürliche Ressourcen als Grundlage unseres Lebens zu schützen.

Es muss zentraler Bestandteil aller Politikbereiche sein, Ressourcennutzung nachhaltig zu gestalten, sodass nicht weiterhin über die natürlich gegebenen Grenzen hinaus gewirtschaftet wird. Die Umweltpolitik muss in besonderem Maße die natürlichen Ressourcen als wertvolle Schutzgüter im Blick haben und auf einen schonenden Umgang mit ihnen hinwirken.

Das bedeutet konkret, dass wir eine zeitgemäße Politik brauchen, die den Rahmen dafür schafft, dass wir schonend und nachhaltig mit Böden als Grundlage allen Lebens, mit Mooren, Wäldern und Gewässern als wertvolle Ökosysteme, mit unseren Lebensmitteln aus einer ökologischen Landwirtschaft und mit der Luft, die wir atmen, umgehen. Eine Politik, die dafür sorgt, dass wir eine Kreislaufwirtschaft haben, die dem hohen Ressourcenverbrauch entgegenwirkt und dass wir in Landschaften leben, die von hoher Biodiversität geprägt sind.

Umweltbildung

Im Umwelt- und Naturschutz gilt schon immer die Devise: “Man schützt nur, was man kennt.” Deshalb bedarf es einer Ausweitung der Bildung über unsere Umwelt in allen gesellschaftlichen Gruppen. Entscheidende Grundlage hierfür ist die Ausbildung der Lehrkräfte. Insbesondere die Biodiversitätsbildung von Biologielehrer*innen ist nicht mehr ausreichend und muss in allen Studiengängen verbessert werden. Nur so können die angehenden Lehrkräfte das Wissen um die Vielfalt des Lebens auch zeitgemäß vermitteln. Ziel muss es sein, dass die Kenntnis über unsere Böden, Moore, Wälder und Gewässer, über die Herkunft unserer Lebensmittel, über Kreislaufwirtschaft und über die Notwendigkeit von Klima- und Biodiversitätsschutz auf allen Ebenen des Bildungssystems altersgerecht vermittelt wird. Hierbei sollten auch die jeweiligen Kompetenzzentren des Landes ihre Bildungsangebote für alle zugänglich machen.

Neben der Schulbildung ist für die Umweltbildung junger Menschen das außerschulische Erleben unserer Naturlandschaft von großer Bedeutung. Hierfür müssen vermehrt Möglichkeiten geschaffen werden, um allen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu nachhaltigen Naturerlebnissen zu ermöglichen. Es muss dabei darauf geachtet werden, dass die Nutzung unserer Natur für die Erholung und Umweltbildung nicht zu einer negativen Beeinträchtigung wertvoller Ökosysteme führt. Eine geeignete Besucher*innenlenkung durch nachhaltige Wegeleitsysteme und Umweltbildungsangebote ist hierfür notwendig. Umweltpädagogische Angebote dienen neben dem Kennenlernen unserer Natur durch die Ermöglichung von Naturerlebnissen auch der Wissensvermittlung über die Bedeutung unserer Ökosysteme für den Klima- und Biodiversitätsschutz.

Entscheidend für den Schutz unserer natürlichen Ressourcen ist auch die dahingehend umfassende Ausbildung künftigen Fachpersonals. Schützenswerte Ökosysteme zu erkennen, muss eine entscheidende Kompetenz in den forst- und landwirtschaftlichen sowie biologischen Studiengängen werden. Der Schutz von Biodiversität scheitert gegenwärtig häufig an einem Mangel an ausreichend gut ausgebildetem Personal. Daher müssen Kenntnisse über schonende Bewirtschaftung und Artenvielfalt wesentlicher Bestandteil aller Studiengänge im Land werden.

1. Boden und Moore

Der Boden ist die dünne, oberste Schicht der Erde. Boden ist die Ausgangslage für komplexes Leben auf der Erdoberfläche, da Boden tote Materie in Organisches umwandelt, sie wieder dem Kreislauf der Natur zuführt und weiteres Leben ermöglicht. Dabei speichert er mehr Kohlenstoff als alle Wälder der Erde. Die Kultivierbarkeit des Bodens ist Ausgang für unsere Zivilisation und entscheidend für ihren Fortbestand. Allerdings erodieren Böden, werden versiegelt, mit giftigen Stoffen belastet oder einfach abgebaut. Ein Boden bildet sich erst in Jahrhunderten oder Jahrtausenden neu. Bei kaum einer Ressource ist also die nachhaltige Nutzung so wichtig für das Überleben künftiger Generationen wie beim Boden. Der Boden, der heute versiegelt wird oder erodiert, kann in den nächsten 500 Jahren keine Menschen ernähren. Baden-württembergische Böden gehören mit zu den fruchtbarsten überhaupt und können daher seit Jahrtausenden landwirtschaftlich genutzt werden. Diese Ressource gilt es zu schützen und zu erhalten.

Boden effektiver schützen - Erosionsschutzmaßnahmen, wie Heckenpflanzungen oder Zwischenfrüchte, müssen in der Kulturlandschaft zum Standard werden. Äcker dürfen kaum mehr ungeschützt dem Wetter ausgesetzt sein und die ackerbauliche Nutzung erosionsgefährdeter Flächen sollte reduziert werden. Erosionsfördernde Anbautechniken und Feldfrüchte dürfen nur noch eine geringe Fläche einnehmen und die umbruchsfreie Landwirtschaft ist auszuweiten. Große, einheitlich bewirtschaftete Flächen erhöhen massiv die Erosionsgefahr.

Bodenschädigende Anbaupraxis verhindern - Maispflanzen stellen aufgrund ihrer kurzen Wachstumsperiode und ihrem Bau eine besondere Gefährdung für Böden dar. Rund 14 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands wird für den Anbau sogenannter Energiepflanzen verwendet. Dabei verursacht diese Anbaupraxis Landnutzungskonflikte und hat meist eine negative Gesamtumweltbilanz. Die Fläche für den Anbau von Energiepflanzen, insbesondere von Energie- und Futtermais, ist daher zu reduzieren. Ackerfläche muss primär der direkten Erzeugung von Lebensmitteln für Menschen dienen. Statt Energiepflanzen können andere organische Energieträger wie Gülle, Klee oder weggeworfene Lebensmittel in Biogasanlagen genutzt werden.

Natürliche Bodenfunktionen wiederherstellen - Die Anreicherung von Humus im Boden erhöht die Fruchtbarkeit, verringert die Erosionsgefahr und schützt das Klima. Dies kann durch humusfördernde Bewirtschaftung auf den Äckern oder durch die Umwandlung ungenutzter Äcker zu Dauergrünland erfolgen. Auch weitere Bodenfunktionen, wie die Filterwirkung oder die Durchlässigkeit für Pflanzenwurzeln, können durch gezielte Anpflanzungen oder mechanische Eingriffe verbessert werden.

Flächenraub stoppen und umkehren - Flächenversiegelung stellt eine immer bedeutendere Quelle des Verlusts fruchtbaren Bodens dar. Die Flächenversiegelung ist stärker zu begrenzen und insbesondere Versiegelungen in der freien Landschaft, wie etwa die Asphaltierung von Wald- oder Feldwegen, müssen vermieden werden. Gleichzeitig müssen Entsiegelungen stärker als bisher gefördert werden. Der Verlust von Bodenfunktionen durch Versiegelung kann durch Fassaden- und Dachbegrünungen abgeschwächt werden. Insbesondere Fassadenbegrünungen müssen deutlich mehr als bislang umgesetzt werden.

Aktiven Moorschutz gestalten - Besonders viel Kohlenstoff können Moorböden speichern - insgesamt ist das mehr Kohlenstoff als jedes andere Landökosystem der Welt. 95 Prozent der deutschen Moorflächen sind heute zerstört durch Bewässerung und anschließende Bebauung oder land- und forstwirtschaftliche Nutzung. Durch die Entwässerung werden Moore von einem Kohlenstoffspeicher zu einer Kohlenstoffquelle. Es ist daher dringend notwendig, Moore zu schützen und entwässerte Moorflächen wieder zu vernässen. Das Land Baden-Württemberg muss dafür Flächen auf Moorstandorten aufkaufen und renaturieren. Der Flächenkauf erlaubt, Ackerbau auf Moorstandorten zu reduzieren. Aufgeforstete Bäume, die Moorflächen entwässern und somit schädigen, müssen entfernt werden. Bestehende Moore sind wertvolle Naturschutzflächen und müssen als solche nach Möglichkeit aufgewertet werden. Eine nachhaltige Nutzung von Mooren kann durch Paludikultur erfolgen.

2. Gewässer

Wasser ist eine der elementarsten Ressourcen auf unserem Planeten. Es dient als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und für uns Menschen ist die Trinkwasserversorgung eines der höchsten Güter. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie gibt das Ziel der guten ökologischen Qualität von Oberflächengewässern vor und setzt eine ambitionierte Grundlage für den Gewässerschutz. Auch wenn die Erreichung dieser Ziele erst in ferner Zukunft realistisch ist, gilt es diese als Grundlage und Zielsetzung wahrzunehmen.

Das meiste Trinkwasser in Baden-Württemberg wird aus dem Grundwasser, aus Oberflächengewässern wie dem Bodensee und aus Quellen gewonnen. Um diese Ursprünge sauberen Wassers zu erhalten, gilt es die Schadstoffbelastung möglichst gering zu halten und in den Sektoren Landwirtschaft und Verkehr entsprechend ambitionierte Maßnahmen zum Gewässerschutz zu treffen.

Zudem ist es unabdingbar die Wasserversorgung in öffentlicher Hand zu halten und den Zugang zu Trinkwasser für alle gleich zu gewährleisten. Hierbei gilt es, private Investoren mit Gewinnbestrebungen von der Wasserwirtschaft fernzuhalten und das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung zu schützen.

Gewässer als Ökosysteme - Von der Renaturierung von Gewässern profitieren nicht nur die in ihnen lebenden Tier- und Pflanzenarten, sie erhöht auch die Wasserqualität und verbessert den Hochwasserschutz für uns Menschen. Die Renaturierung von Fließgewässern sollte flächenhaft innerhalb wie außerhalb von Siedlungsbereichen erfolgen. Entscheidend für den Erfolg solcher Renaturierung ist die verbesserte Durchgängigkeit von Gewässern, damit migrierende Fischarten sich wieder zahlreich ansiedeln können. Dies gelingt am besten durch die ambitionierte Umsetzung des Biotopverbunds in Gewässern. Ein großes Augenmerk sollte auf die Renaturierung von Auenökosystemen und ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung gelegt werden. Nass- und Feuchtwiesen sind besonders wichtig für die Artenvielfalt und den natürlichen Nährstoffkreislauf. Um sie zu erhalten und zu renaturieren, brauchen wir eine Reduktion der entwässerten Grünlandfläche. Eine weitere große Gefährdung für die Artenvielfalt unserer Gewässer stellt die Ausbreitung invasiver Arten dar. Diese gilt es durch großflächige Maßnahmen einzudämmen, sowie Strategien gegen eine erste Etablierung zu entwickeln. Tierarten, die auf Pfützen und schnell austrocknende Tümpel als Lebensraum angewiesen sind, finden in unseren Wäldern und Wiesen kaum mehr Lebens- und Fortpflanzungsstätten. Hier sollten viele künstlich angelegte Gewässer einen Ausgleich bieten.

Zugang zu sauberem Wasser sichern - Um eine Wasserversorgung auch zukünftig sicherzustellen, gilt es, bei Gefährdungen für das Grundwasser wie Siedlungen, Verkehr, Bergbau und Landwirtschaft dem Grundwasserschutz oberste Priorität einzuräumen. Dazu gehört, die Flächenversiegelung auf ein Minimum zu beschränken und die Grundwasserneubildung zu gewährleisten, sowie die Bodenhorizonte, die das Grundwasser filtern, zu erhalten und zu schützen. Bei der Erforschung und Entwicklung von CCS (Carbon Capture and Storage) ist insbesondere der Einfluss auf das Grundwasser zu berücksichtigen und zu minimieren. Zur verbesserten Trinkwasserqualität trägt die Ausweitung der Reinigungsstufe 4 auf alle Kläranlagen bei, sodass auch Rückstände von Medikamenten aus dem Wasser entfernt werden. Gleichzeitig muss der Eintrag von Nährstoffen und Pestiziden insbesondere aus der Landwirtschaft reduziert werden. Breite, nicht bewirtschaftete Gewässerrandstreifen aus Büschen können viele Stoffe herausfiltern und den Eintrag von Müll in Oberflächengewässer verhindern. Daher müssen Gewässerrandstreifen flächendeckend und ausreichend breit in Städten und außerhalb des Siedlungsgebiets umgesetzt werden. Der Eintrag von Medikamenten aus der Tierhaltung ist in der Landwirtschaft durch Aufklärung und umfassende Strategien zu verhindern.

Unnötige Bauvorhaben in der Nähe von Oberflächengewässern stoppen - Der Schutz von Oberflächengewässern dient nicht nur dem Erhalt unseres Trinkwassers, sondern auch dem Erhalt des Lebensraums jeglicher aquatischen Gemeinschaften wie Amphibien, Fischen und deren Umwelt. Naturnahe Gewässer bieten oftmals einen natürlichen Hochwasserschutz. Durch Bauten, aber auch Begradigungen oder das Aufstauen, werden diese Schutzräume zerstört und das Wasser durch fremde Nährstoffe, Schwermetalle und sauerstoffzehrende Substanzen verseucht. An Oberflächengewässer angrenzend gebaute Straßen verschmutzen das Wasser zusätzlich mit Mikroplastik. Diese Zerstörung der Schutzräume gilt es auf ein Minimum zu reduzieren.

Akteur*innenübergreifende Klimafolgenanpassung - Viele der prognostizierten und heute schon sichtbaren Klimawandelfolgen haben mit Wasser zu tun. Überflutungen, Starkregen, Dürre- und Trockenperioden bedürfen einer entsprechenden Anpassung, wie das kommunale Errichten einer wassersensiblen Siedlung oder Schwammstadt. Umfassende Hochwassergefährdunganalysen unter Klimawandelbedingungen sind hierfür in Auftrag zu geben. Um klimafolgenanpassende Maßnahmen vorzunehmen, bedarf es ressortübergreifender Zusammenarbeit, bei welcher der Wasserwirtschaft und den entsprechenden Dachverbänden eine zentrale Position zuzusprechen ist. Es gilt die Kapazitäten zu bündeln und beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Wasserwirtschaftsverbände bei interkommunaler und regionaler Zusammenarbeit zu unterstützen. Hierdurch können sowohl die Leistungen wie die Rufbereitschaft, aber auch die Anpassung an den Klimawandel verbessert werden.

Bei Importgütern ist besonders auf den Wasserverbrauch im Herkunftsland und die sozialen und ökologischen Folgen zu achten. Es gilt einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource zu finden und virtuelle Wasserimporte, also unseren Wasserfußabdruck, zu reduzieren, um der Klimakatastrophe entgegenzuwirken.

3. Luft

Die Qualität unserer Luft beeinflusst nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch die Stabilität der Ökosysteme. Wird das Gleichgewicht der Ökosysteme gefährdet, sind auch deren ökosystemare Dienstleistungen für uns Menschen bedroht. Luftreinhaltung wird vorwiegend über internationale Abkommen auf europäischer Ebene geregelt und dann teilweise in nationales Recht übertragen. Feinstaub- und Stickstoffdioxidbelastungen stellen die höchsten Risiken für die menschliche Gesundheit und die Natur dar. Zwanzig Jahre nach Festlegung der EU-Grenzwerte ist eine Verschärfung der Grenzwerte zum Schutz der Gesundheit auf Basis neuer Erkenntnisse nötig. Landwirtschaft, Energiesektor, Industrie und Verkehr sind nach wie vor Verursacher einer problematischen Luftverschmutzung. Feinstaubbelastung und Stickoxide führen jährlich zu einer Vielzahl vorzeitiger Todesfälle. Durch Einträge von Schwefel- und Stickstoffverbindungen werden Ökosysteme destabilisiert. Entscheidend sind sowohl unsere Heizungen als auch Industrie und Gewerbe. zu den wesentlichen Verursachern von Luftverschmutzung gehört auch der Verkehrssektor. Statt reinen Regulierungen des Verkehrsflusses im Individualverkehr, was meistens mit Luftreinhaltung in Städten verbunden wird, braucht es ein grundsätzliches Umdenken und große Investitionen im Bereich Mobilität.

Emissionsärmere Energie und Wärme - Kaminöfen und Heizungen stoßen durch ihre Feuerungen große Mengen an Staub, Asche und Schadstoffen aus. Hier ist es wichtig bei neuen Einbauten auf die Qualität der Heizung, die Qualität des Brennstoffs und die richtige Bedienung zu achten. Der Energiesektor hat in Deutschland einen Anteil von 43 Prozent der Stickoxid- und 73 Prozent der Schwefeldioxidemissionen (UBA 2022).

Wichtige Ansatzpunkte sind strengere Grenzwerte und Nahwärmekonzepte für die Industrie. Im privaten Bereich müssen Gebäude effizient gedämmt werden, alte Gebäude müssen dringend saniert sowie alte Feuerungsanlagen erneuert werden. Beim Bau von Wohnquartieren sind zentrale Wärmekonzepte deutlich effizienter und müssen mitgedacht werden. Der Ausbau von Nahwärmenetzen ist in der Kombination mit erneuerbaren Energiequellen wichtig. Ein Problem sind auch die privaten Holzöfen, die Kohlenmonoxid emittieren. Holzheizungen emittieren generell große Schadstoffmengen und sind wenn nicht anders möglich als Pelletheizungen zu betreiben. Heizsysteme ohne Brennstoffe sind jedoch anzustreben.

Entscheidend für die Reduktion von Schadstoffemissionen im Energiesektor sind Kraftwärmekopplungen (KWK), welche bei der Stromerzeugung gleichzeitig die entstehende Abwärme nutzen und in Wärmenetze einspeisen. Dies ist deutlich effizienter als die einseitige Produktion von Strom oder Wärme und schafft eine regionale, dezentrale und unabhängige Energieversorgung.

Industrie und Gewerbe umweltfreundlicher gestalten - Die Industrie ist einer der größten Luftverschmutzer. Mit dem Ausstoß von Feinstaub, Stickoxiden, Quecksilber und schädlichen Kohlenstoffverbindungen hat sie einen enormen Einfluss auf die Natur und die Gesundheit der Menschen. Vor allem der Energiesektor und die Metallproduktion tragen eine große Verantwortung für die Stickstoffoxid-, Schwefeldioxid- und Kohlenmonoxid-Emissionen. Die mineralische Industrie und der Schüttgutumschlag sind hingegen neben dem Verkehrssektor und den privaten Haushalten am meisten verantwortlich für den Feinstaub.

Jede kleinste Menge an Feinstaub und Giftstoffen in der Luft ist gefährlich für die Natur und den Menschen. Aus diesem Grund müssen die Richtwerte für Luftverschmutzung schnellstmöglich verschärft, an WHO-Richtlinien angepasst und Kontrollen verstärkt werden. Besonders emissionsreiche Industrien sind von Naturschutzgebieten, Wasserschutzgebieten und Siedlungen fernzuhalten. Richtwerte für feinen Feinstaub müssen hierbei auf ein Fünftel und für Stickstoffdioxid auf ein Viertel verschärft werden. Erneuerbare Energien sind voranzutreiben, um den Emissionsausstoß im Energiesektor zu verringern.

Müllverbrennung reduzieren - Nach den Ansätzen des Vermeidens, der Wiederverwertung und des Recyclings ist die Müllverbrennung laut gesetzlicher Abfallhierarchie die angestrebte vierte Variante wie mit Müll umzugehen ist. Hierbei geht es um die Umwandlung von Müll in Energie. Seit den 1990er Jahren wurden für diese Art der Müllentsorgung bessere Richtlinien und technische Möglichkeiten der Umweltverträglichkeit geschaffen. Dennoch sorgt die Müllverbrennung neben den relevanten CO2-Emissionen für unzählige Schadstoffe. So werden bei der Müllverbrennung weiterhin giftige Stoffe wie Dioxine und Furane, aber auch giftige Stäube und Aschen in die Umgebungsluft freigesetzt. Entstehende Filterrückstände werden in Salzsäure verflüssigt und eingelagert oder trotz der Giftstoffe als Schlacke im Straßenbau wiederverwendet. Folgen für die Umwelt und den Menschen wie beispielsweise Krebs sind wissenschaftlich nachgewiesen. Aus diesem Grund gilt es, die Müllverbrennung zu reduzieren, überflüssige Verbrennungskapazitäten abzubauen und Schadstoffe besser zu isolieren und von der Umwelt fernzuhalten. Es soll angestrebt werden, die Einstufung der Müllverbrennung als Nachhaltig zu beenden.

Müllexporte in andere Staaten, deren Recyclingstrategien und -kapazitäten nicht überprüft werden können sollen beendet und der politische Einsatz hierfür verstärkt werden. Bei Müllexporten ist sicherzustellen, dass entsprechende Recyclingrichtlinien eingehalten und eine Abfallverbrennung auszuschließen ist.

4. Kreislaufwirtschaft und Cradle-to-Cradle

Rohstoffknappheit und Umweltverschmutzung machen das Prinzip der Kreislaufwirtschaft und des Cradle-to-Cradle-Konzeptes für die Gesellschaft attraktiv und unabdingbar. Materialien und Produkte werden in der Kreislaufwirtschaft geteilt, geliehen, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt. Der Lebenszyklus verwendeter Ressourcen wird verlängert und die Effizienz gesteigert.

Das Cradle-to-Cradle-Konzept geht noch einen Schritt weiter als die Kreislaufwirtschaft. Hierbei werden Lebenszyklen der Rohstoffe von Beginn an gesehen und der Kreislauf startet schon bei der natürlichen Gewinnung und endet bei der Rückgabe der Stoffe an die Natur. Es entstehen somit sowohl ein technischer Zyklus in Form der verwendeten Materialien (Kreislaufwirtschaft),als auch ein ökologischer Zyklus in Form der natürlichen Prozesse.

Das Cradle-to-Cradle-Konzept ist für uns als Zielsetzung in allen Sektoren und Wirtschaftsbereichen anzuerkennen und mithilfe der Kreislaufwirtschaft 4.0 in allen Bereichen voranzubringen. Die Kreislaufwirtschaft bietet lediglich die Ausnahme und Brücke für Bereiche, in denen das Cradle-to-Cradle-Konzept keine Anwendung finden kann oder eine Anwendung noch nicht umsetzbar ist. Zudem gilt es, die Suffizienz trotz entsprechender Cradle-to-Cradle-Konzepte weiter zu fördern.

Wiederverwendung von Beton - Die Herstellung von Beton und Zement sowie deren Verwendung ist durch CO₂-Emissionen und Zerstörung von Steinschichten klima- und umweltschädlich. Deshalb soll die umweltschonende Variante des R-Betons, hergestellt aus der Wiederverwertung von Altgebäudebeständen, in der Bauwirtschaft vorrangig eingeführt werden. Dafür sind ein besserer Umgang mit Abbruchmaterialien sowie eine bessere Trennung, Lagerung und Aufbereitung notwendig.

Kreislaufwirtschaft in der Digitalisierung fördern - Die dringend notwendige Digitalisierung und der Umstieg weg von fossilen Brennstoffen in Wärme-, Strom- und Verkehrssektor benötigt viele seltene Rohstoffe und verbraucht viel Energie. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass die Kreislaufwirtschaft bei diesen Anschaffungen und Erneuerungen eine zentrale Rolle spielt. Das Konzept des Cradle-to-Cradle muss in der Digitalisierung an allen Stellen angewendet werden. Die öffentlichen Stellen müssen mit einem guten Beispiel vorangehen und alle digitalen Anschaffungen im Prinzip der Kreislaufwirtschaft planen und durchführen. So kann langfristig die Verschwendung wertvoller Ressourcen vermieden werden.

Nachhaltigere Konsumgüter - Wir müssen als Industrieland bei einem Höchstverbrauch von 227,55 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf unserer himmelschreienden Verantwortung gerecht werden und endlich eine umweltgerechte Kreislaufwirtschaft für Verpackung, Konsumgüter und andere alltäglich genutzte Ressourcen in Gang bringen, um die Ausbeutung des Planeten zu stoppen und das riesige anthropogene Materiallager endlich zu nutzen. Wir brauchen feste Höchstinputquoten von Rezyklaten bei Neuprodukten, eine neue Recyclingindustrie in Baden-Württemberg, die dies ermöglicht, eine massive Steigerung des werkstofflichen Recyclings, dazu neue Standards für Verpackungen, die sortenreines Recycling in größerem Ausmaß wie bisher ermöglichen. Unabhängig davon brauchen wir in Baden-Württemberg ebenfalls neue Standards für ressourcenleichtes Produktdesign, die möglichst langlebige und effiziente Laufzeiten sowie Reparaturen bei Produktschäden ermöglichen. Der Modus Operandi der “Kreativen Zerstörung” und kürzeren Produktionszeiten darf sich nicht wiederholen. Baden-Württemberg sollte eine Institution für Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz schaffen.

Verpflichtungen für Produzierende - Um die Kreislaufwirtschaft und das Cradle-to-Cradle-Konzept in der Ökonomie zu verankern, bedarf es strikter Regelungen für die produzierenden Unternehmen. So ist es unabdingbar, dass entsprechende Gesetze wie das Kreislaufwirtschaftsgesetz verschärft, die Rücknahmepflicht und Vorgaben zur Produktion, Suffizienz und Recycling ausgeweitet und die Überprüfungen von Transparenzberichten verstärkt werden. Hierbei sind ebenfalls strenge Vorgaben für den ökologischen Zyklus und nicht ausschließlich für den technischen Zyklus vorzunehmen.

5. Wälder

Wälder bedecken rund ein Drittel der Fläche Deutschlands. Sie erfüllen vielfältige Funktionen. Wälder speichern und filtern Wasser, reinigen die Luft, sorgen für Bodenfruchtbarkeit, gleichen Temperaturschwankungen aus, schützen vor Lärm, wirken Erosion entgegen, speichern Kohlenstoff, liefern den wertvollen Rohstoff Holz, dienen als Erholungsraum für uns Menschen und sind Lebensraum zahlreicher Tiere, Pflanzen und Pilze. Sie nehmen somit eine entscheidende Rolle im Klima- und Biodiversitätsschutz ein und sind für uns von hohem Wert. Gleichzeitig werden die Folgen der Klimakrise im Wald besonders sichtbar. Sommerhitze, fehlender Niederschlag und zunehmende Extremwetterereignisse setzen dem Wald stark zu. In den von nicht standortheimischen Nadelbäumen dominierten Beständen, die eine mangelnde Baumartenvielfalt aufweisen, wird dies besonders deutlich. Dürreschäden, Sturmschäden, Waldbrände und Schäden durch Borkenkäfer sind die Folge. Dies zeigt uns, dass neben Klimaschutzleistungen, die unsere Wälder erbringen, auch die Klimaanpassung unserer Wälder von großer Bedeutung ist. Als Bundesland mit der zweitgrößten Waldfläche in Deutschland spielt Baden-Württemberg dabei eine entscheidende Rolle und muss eine Vorbildfunktion für den ökologischen Umgang mit dem Wald einnehmen.

Wir brauchen naturnahe, artenreiche und klimaresiliente Waldökosysteme, die den hohen Ansprüchen an Biodiversitäts- und Klimaschutz gerecht werden. Verschiedene und teils gegensätzliche Ziele, wie die Kohlenstoffspeicherfunktion von vorratsreichen Wäldern, die Biodiversitätsfunktion von lichten Wäldern, der Prozessschutz durch nicht forstwirtschaftlich genutzte Wälder sowie die Speicher- und Substitutionswirkung durch bewirtschaftete Wälder und Holznutzung müssen dabei berücksichtigt und in Einklang gebracht werden.

Waldwirtschaft – Wir müssen auf ganzer Fläche weg von Monokulturen, hin zu strukturreichen Mischwäldern. Auch Monokulturen mit scheinbar klimaresilienten Baumarten aus anderen Erdregionen stellen keine Lösung dar und bergen hohe Risiken. Die Baumartenwahl auf forstlichen Flächen darf nicht primär nach wirtschaftlichen Kriterien erfolgen. Die Standortgerechtigkeit und damit einhergehend die Klimastabilität und Vitalität einer Baumart muss das maßgebliche Kriterium sein. Vorzugsweise soll Naturverjüngung, insbesondere von heimischen Laubbäumen, genutzt werden. Wo Baumarten, wie insbesondere Fichten und Kiefern, nicht standortgerecht sind, muss deren Anteil sukzessive reduziert werden. Der Anteil von standortgerechten Baumarten, insbesondere von Buchen, Eichen und weiteren heimischen Laubbaumarten, muss sukzessive erhöht werden. Die Umstellung von Altersklassenwirtschaft zu Dauerwäldern mit einzelstammweiser Nutzung muss vermehrt erfolgen. Das Ziel einer bodenschonenden Waldwirtschaft muss bei der Feinerschließung, Holzernte und Holzrückung stets verfolgt werden und einen höheren Stellenwert einnehmen. Großflächige Kahlschläge auf vom Borkenkäfer befallenen Flächen müssen vermieden werden. Sie gehen oft mit einer flächigen Befahrung und somit einer starken Bodenverdichtung einher, erhöhen das Erosionsrisiko und sorgen für Lebensraumverlust. Durch das fehlende Waldinnenklima, damit einhergehender Hitze im Sommer und Frost im Winter, ist eine Waldneubegründung auf großen Kahlschlagflächen oft schwierig. Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zur Abwehr von Schadorganismen im Wald muss auf das absolut notwendigste Mindestmaß reduziert werden.

Holz – Holz ist ein wertvoller und nachwachsender Rohstoff. Langlebige Holzprodukte speichern Kohlenstoff und substituieren andere energieintensive Rohstoffe. Langfristige Holznutzung, beispielsweise im Rahmen der Holzbauoffensive, kann somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Nutzung von Holz aus unseren Wäldern ist jedoch nicht unbegrenzt möglich. Wir müssen daher im Rahmen einer Kaskadennutzung auf eine nachhaltige und möglichst langfristige, stoffliche Verwendung von Holz achten, an deren Ende die energetische Nutzung steht. Möglichkeiten des Holzrecyclings müssen vermehrt genutzt werden. Durch den Waldumbau wird in Zukunft der Anteil an verfügbarem Nadelholz abnehmen. Die Verwendung von Laubholz im Bausektor muss daher, beispielsweise über die Hochschulen und das Technikum Laubholz, weiter erforscht und entwickelt werden.

Forschung, Lehre und Umweltbildung – Die Forschung und Lehre an den forstlichen Hochschulen muss sich an den großen Herausforderungen durch die Klima- und Biodiversitätskrise orientieren und stets an neue wissenschaftliche Erkenntnisse, auch aus anderen Fachbereichen, angepasst werden. So darf beispielsweise der Wandel vom Altersklassen- zum Dauerwald nicht bei der politischen Forderung bleiben, sondern muss sich auch in der Bildung von Studierenden an den Hochschulen und der Fortbildung in den forstlichen Betrieben und Behörden wiederfinden. Die Waldpädagogik ist für die waldbezogene Umweltbildung von großer Bedeutung. Waldpädagogische Angebote müssen gestärkt werden, um insbesondere jungen Menschen unsere Wälder und deren Bedeutung für Klima- und Biodiversitätsschutz näherzubringen.

Windkraft – Im Rahmen der Energiewende und dem damit verbundenen Ausbau der Erneuerbaren Energien, brauchen wir auch im Wald neue Windkraftanlagen. Es müssen jedoch stets Alternativstandorte außerhalb des Waldes geprüft und nach Möglichkeit genutzt werden. Der Bau neuer Windenergieanlagen darf sich nicht vorrangig aus Gründen vereinfachter Verfahren auf den Staatswald konzentrieren. Es müssen die am besten geeigneten Standorte genutzt werden.

Wildtiere – Für den Waldumbau zu klimastabilen Mischwäldern und die Verjüngung des Waldes mit heimischen Laub- und Nadelbaumarten ohne Verjüngungsschutz sind angepasste Schalenwildbestände notwendig. Hierfür muss die Jagd als ökosystemorientiertes Wildtiermanagement nach wildbiologischen und wildökologischen Kriterien ausgerichtet werden. Die Ausrichtung der Jagd und der Wildbestände nach Jagdtrophäen lehnen wir ab. Wir begrüßen die Rückkehr von Wildtieren, wie Luchs, Wolf und Biber in unsere Kulturlandschaft. Sie sind Teil unserer Natur und wirken sich vielfach positiv auf sie aus. Ein Monitoring dieser Tierarten ist notwendig, um die Entwicklung und Folgen der Verbreitung wissenschaftlich zu begleiten, auftretende Probleme frühzeitig zu erkennen und entsprechende Lösungen zu entwickeln. Für den Erhalt und die Entwicklung der Biodiversität sind Wanderbewegungen und genetischer Austausch zwischen Wildtierpopulationen notwendig. Auf Basis des Generalwildwegeplans müssen Wildkorridore geschaffen werden, um der Zerschneidung von Lebensräumen, insbesondere durch Straßen, entgegenzuwirken. Straßenbauprojekte müssen, auch diesbezüglich, auf den Prüfstand.

Naturschutz – In forstwirtschaftlich genutzten Wäldern ist ein ausreichend hoher Anteil von Alt- und Totholz, insbesondere von heimischen Laubbaumarten, notwendig. Stehende und liegende abgestorbene Bäume mit entsprechenden Habitatmerkmalen müssen auf ganzer Fläche vorhanden sein, um zahlreichen Organismen einen Lebensraum zu bieten und als Trittsteine den Biotopverbund zu gewährleisten. Vorbildliche und ökologische Waldwirtschaft darf sich nicht nur auf den Staats- und Kommunalwald beschränken, sondern muss insbesondere im Großprivatwald eine größere Rolle einnehmen. Hierfür sind neben zweckgebundenen Förderungen auch höhere gesetzliche Mindeststandards notwendig, die ausreichen, um eine ökologische Forstwirtschaft in allen Waldbesitzarten zu gewährleisten. Neben ökologisch bewirtschafteten Wäldern brauchen wir auch größere Prozessschutz- und Waldnaturschutzflächen. Alte Buchenwälder sind insbesondere als Prozessschutzflächen von besonderer Bedeutung. Sie sind auch wegen der Verantwortung für die Rot-Buche in Deutschland zu schützen. Waldnaturschutzflächen stellen, beispielsweise als lichte Hute- und Mittelwälder mit einem hohen Anteil von alten Eichen und weiteren heimischen Laubbaumarten, wertvolle Lebensräume für eine Vielzahl von bedrohten Käfer-, Schmetterlings-, Vogel- und Fledermausarten dar, die von den offenen Strukturen profitieren. Damit die Forstwirtschaft den steigenden Ansprüchen an die Naturschutzleistungen unserer Wälder und den großen Herausforderungen durch die Klimakrise gerecht werden kann, ist eine Personalstärkung in den Forstämtern und Forstbehörden notwendig. Auch die Forstreviergrößen müssen hierfür bedarfsgerecht angepasst werden.

6. Landschaft und Offenland

Offenland, also die Teile der Landschaft, die nicht von Verkehrsfläche, Siedlungen und Wald bedeckt sind, ist in Deutschland Kulturland. Es entsteht nur durch Landwirtschaft oder Landschaftspflege. Viele dieser Offenlandflächen werden in Baden-Württemberg seit Jahrhunderten von Menschen landwirtschaftlich genutzt. Sie versorgen nicht nur die Bevölkerung, sondern bieten, insbesondere unsere historische Kulturlandschaft, vielen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Dazu gehören etwa Streuobstwiesen und Weinberge.

Wertvolle Wiesen
- Wiesen und Weiden erfüllen viele Ökosystemdienstleistungen. Sie speichern Kohlenstoff, senken dadurch den Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre und erhöhen die Bodenfruchtbarkeit. Sie schützen Boden vor Erosion, versorgen unsere Nutztiere und beherbergen die mit am stärksten gefährdeten Arten. Der dramatische Rückgang von Insekten tritt hauptsächlich im Offenland auf. Dort ist er am bedrohlichsten, denn hier verlieren wir die Insekten, die unsere Kulturen bestäuben. Offenland ist in Mitteleuropa auch der ursprüngliche Lebensraum großer Säugetiere, wie beispielsweise Rothirsch oder Wisent. Ihren Lebensraum auf den Wald zu begrenzen, entspricht nicht ihrer Ökologie und ist konfliktreich. Vielmehr sollte es ihnen möglich sein, auch auf öffentlichen Flächen zu weiden.

Artenarmes Grünland
- Die Qualität unserer Wiesen nimmt rapide ab und das seit langem. Dies liegt einerseits an der Aufgabe ihrer Bewirtschaftung und andererseits an ihrer intensiven Nutzung. Auf intensiv genutzten Wiesen überleben nur noch die konkurrenzstärksten Grasarten, auf denen Insekten weder ihre Eier ablegen noch sich von ihnen ernähren können. Die Gelege von Vögeln werden beim Mähen zerstört und kleine Gewässer für Amphibien ausgetrocknet. Um die Qualität des bestehenden Grünlands zu erhalten und wiederherzustellen, muss die Anzahl der Nutztiere erheblich zurückgehen. Gleichzeitig sind keine Nutztiere auch keine Lösung. Grünland gibt es in Deutschland dort, wo es gemäht oder beweidet wird. Weiden wie Heuwiesen können eine Biodiversität aufweisen, die nahezu einzigartig bei uns ist. Aber auch eine mangelnde Nutzung unrentabler Standorte, die dann verbuschen und zu Wald werden, gefährdet die Biodiversität des Offenlandes. Es bedarf extensiver Beweidung und Mahd zur Ernährung geringer Viehbestände.

Lebensräume im Offenland
- Baden-Württemberg verfügt über vielfältige Offenland-Ökosysteme. Strukturen wie Hecken, Streuobstwiesen und Waldsäume bieten vielen Arten einen Lebensraum und gestalten unsere Landschaft vielfältig. Gerade der Mangel an Vielfalt ist kennzeichnend für unsere modernen Agrarlandschaften. Gleichzeitig stellt nicht überall eine Hecke oder ein Baum einen besseren Lebensraum dar. Daher müssen Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen strenger auf ihre Sinnhaftigkeit kontrolliert werden. Entscheidend für unsere Artenvielfalt sind kleinere Bewirtschaftungseinheiten, in denen auch Parzellen nicht bewirtschaftet werden.

Insektenschutz
- Insektenfreundliche Wiesen und Streifen einzusäen, erfreut sich immer größerer Beliebtheit und kann vielerorts sinnvoll sein. Gleichzeitig ist unser bestehendes Grünland unter immer stärkerem Druck. Jahrzehntealte Ökosysteme lassen sich nicht einsäen, deshalb müssen alte Wiesen stärker geschützt werden – dies gilt auch für städtische Gebiete.

Kompensation von Landwirt*innen - Artenschutzmaßnahmen im Offenland verursachen lokal deutliche Ertragseinbußen von Landwirt*innen. Damit beispielsweise offene und ungenutzte Flächen für die Vögel des Offenlandes erhalten werden können, müssen diese Einbußen unbürokratisch und flexibel erstattet und gleichwertig kompensiert werden.

Schutzgebiete - Der überwiegende Anteil unserer Schutzgebiete ist klein und weniger wirksam als große Flächen. Sie sind oft ungeeignet, größere Tiere oder Populationen zu beheimaten. Um diesen Effekt abzuschwächen, benötigt es Pufferzonen rund um Schutzgebiete, in denen die landwirtschaftliche Nutzung extensiviert werden muss.

Landschaftsschutz - Landschaft ist in Deutschland ein Schutzgut, dessen Wert gegen andere abgewogen wird. Gemeinhin gilt die unbebaute Landschaft als schützenswert. Landschaftsschutz richtet sich oft an Ästhetik und der Abwesenheit von Störung in unserer Umwelt aus. Störungen sind jedoch entscheidend zum Erhalt von Biodiversität und undurchdringlicher Wald stellt nicht den Zustand Mitteleuropas vor dem Eingriff des Menschen dar. Wir müssen unsere Vorstellung von Natur, schützenswerter Landschaft und Ästhetik an diese wissenschaftlichen Erkenntnisse anpassen. Nur wenn wir die Trennung von Natur und Kultur überwinden, können wir Natur als Kulturaufgabe wahrnehmen und als Menschen wieder einen positiven Einfluss auf die Biodiversität und den Erhalt unserer vielfältigen Lebensräume nehmen. Dies gesellschaftlich zu verankern, benötigt umfassende gesellschaftliche Aufklärung.

7. Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft

Durch die ständige Verfügbarkeit von Lebensmitteln in den Supermärkten und billig erhältliche Importprodukte, wird uns ein geringer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Stellenwert der regionalen Landwirtschaft suggeriert. Die Versorgung mit Lebensmitteln im Überfluss, unabhängig von Saisonalität und Regionalität scheint selbstverständlich. Dabei kommt der Landwirtschaft eine Schlüsselrolle zu, für die Bewusstsein geschaffen werden muss. Dies gilt nicht nur für die Sicherung unserer Ernährung, sondern auch für die Intakthaltung von Landschaft, natürlichen Ressourcen und Ökosystemen als Lebensgrundlage folgender Generationen.

Bei der Bekämpfung von Klima- und Biodiversitätskrise ist die Art, wie wir unsere Böden bewirtschaften ein ausschlaggebender Faktor. Um einer globalen umweltschädlichen Landnutzungsveränderung entgegenzuwirken, regionale Wertschöpfung zu steigern und Lieferketten zu verkürzen, braucht es die Stärkung der lokalen Landwirtschaft.

Landwirtschaftliche Fläche darf nicht stetig baulichen Interessen weichen. Überdüngung, Intensivierung der Landwirtschaft und Monokulturen führen zum Verlust unserer Lebensgrundlagen. Übermäßiger Konsum von Fleisch und tierischen Produkten bewirken Schadstoffbelastungen, einen hohen Flächenverbrauch und artenarme Landschaften. Auch die Frage des Tierwohls als eine ethische muss in diesem Kontext immer mitgedacht werden. Die Gesetzeslage für Tierschutz in der Nutztierhaltung ist sehr lasch. Es dominiert die Massentierhaltung, Tiere werden auf schnelles Wachstum gezüchtet und leiden unter Gelenkverformungen und Geschwüren. Es braucht eine deutlich strengere Gesetzgebung für die Nutztierhaltung und eine konsequente Ahndung von Verstößen.

Die Herstellung von Lebensmitteln muss dringend ökologischer werden, anstatt natürliche Ressourcen auszubeuten. Um für folgende Generationen fruchtbare Böden und eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten, wird eine Reduzierung der Nutztierhaltung und besonders der Massentierhaltung sowie ein Umdenken in der Landwirtschaftspolitik notwendig sein.

Pflanzenschutz - Wir sprechen uns zum Schutz der Insekten und der Biodiversität für einen minimalen Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel aus. Um ein natürliches Gleichgewicht der bewirtschafteten Flächen in Bezug auf Wasserversorgung, Durchlüftung und organischen Substanz aufrecht zu erhalten und die Nährstoffe und Kleinstorganismen im Boden nicht zu ermüden, sollten chemische Pflanzenschutzmittel nur eingesetzt werden, wenn keine Alternative besteht. Daher begrüßen wir das Ziel der Landespolitik der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln um 40 bis 50 Prozent bis 2030 und die konsequente Umsetzung des Biodiversitätsgesetzes. Anstatt des chemischen Pflanzenschutzes wünschen wir uns verstärkt den Ansatz des integrierten Pflanzenschutzes, einer Schädlingsregulierung durch den Einsatz natürlicher Nützlinge. Ein integrierter Pflanzenschutz garantiert auch in den nächsten Jahrzehnten noch die Bodenfunktionen auf bewirtschafteten Flächen. Um Ackerflächen und Nutzpflanzen vital zu halten, sind das Zurückgreifen auf Fruchtfolgen, das Einhalten von Saatzeiten, ausreichend lange Anbauphasen und eine schonende Bodenbearbeitung sinnvoll.

Düngung und Schadstoffeinträge
- Derzeit wird etwa viermal so viel Stickstoff in reaktive Form umgewandelt, wie es für die Umwelt verträglich wäre (LUBW 2022). Dies stellt eine starke Belastung für Gewässer und Ökosysteme dar und bedroht die Nutzung natürlicher Ressourcen für nachfolgende Generationen. Eine Reduktion der Ausbringung von Stickstoffdüngern ist unbedingt notwendig. Dabei sollten landwirtschaftliche Betriebe unterstützt werden und bei der Umstellung zu umweltverträglichen Methoden Hilfestellung von der Politik erhalten. Helfen kann hier auch der Anbau von Leguminosen in der Fruchtfolge, welche natürlicherweise bodenverbessernde Eigenschaften besitzen. Es darf nicht weiter über die Kapazität und Regenerationsfähigkeit der Böden hinaus gewirtschaftet werden.

Eine Reduzierung des Fleischkonsums bedeutet weniger Umweltverschmutzung. Rund 95 Prozent der Ammoniakemissionen in Deutschland stammen aus der Landwirtschaft. Sie fallen hauptsächlich durch Stallmist und Gülle bei der Nutztierhaltung an und schädigen Ökosysteme. Ställe, Laufhöfe und Düngerlager sollten so gebaut und betrieben werden, dass weniger Ammoniak entsteht. Durch eine direkte Einarbeitung von Gülle innerhalb einer Stunde nach dem Ausbringen kann die Ammoniakfreisetzung bereits wesentlich gesenkt werden, denn die größte Ammoniakfreisetzung findet unmittelbar nach der Ausbringung statt.

Die intensive Nutztierhaltung verursacht zudem eine höhere Nitratbelastung der Gewässer mit gravierenden ökologischen Auswirkungen. Entscheidend ist, die Tierdichte auf der Fläche zu regulieren. Die Nutzung von Festmist ist im Gegensatz zu Flüssig- oder Mineraldünger deutlich emissionsärmer und sollte gefördert werden. Durch Gülle werden darüber hinaus Tiermedikamente in unser Grundwasser eingetragen.

Eine übermäßige Fleischproduktion führt nicht zuletzt dazu, dass ein Großteil landwirtschaftlicher Nutzflächen für den Anbau von Futtermitteln genutzt werden. Eine effizientere Flächennutzung ist durch einen höheren Anteil von direkten Nahrungsmitteln möglich. Allerdings sollte die extensive Freilandhaltung in Kulturlandschaften gefördert werden, in denen die Weidetierhaltung eine wesentliche Funktion der Landschaftspflege übernimmt. Hier trägt die Nutztierhaltung zu einer höheren Biodiversität bei.

Landschaftsstruktur und Biodiversität - Die Form der intensiven und landschaftlich strukturarmen Landwirtschaft, die derzeit vorwiegend betrieben wird, führt zu einem Rückgang der Biodiversität.

Weiterhin werden durch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU landwirtschaftliche Großbetriebe mit viel Fläche und einseitiger Bewirtschaftung gefördert. Kleinere Betriebe mit hoher ökologischer und regionaler Bedeutung werden hingegen wenig gefördert. Hier ist eine Umverteilung notwendig. Dies ist ein Problem auf EU-Ebene und kann schwerlich direkt auf landespolitischer Ebene gelöst werden. Dennoch sollten Möglichkeiten erörtert werden, wie unabhängig von EU-Förderrichtlinien wertvolle kleinbäuerliche Strukturen gefördert werden können. Kleinere Betriebe und besonders Nebenerwerbsbetriebe dürfen nicht durch Auflagen und komplexe Förderkulissen belastet werden. Sie müssen bei einer nachhaltigen Landwirtschaftsform unterstützt werden. Sich ständig ändernde Förderbedingungen sind für Landwirt*innen mühsam umzusetzen. Ein kontinuierliches Konzept ist sinnvoll.

Ein weiterer wichtiger Baustein, um den Rückgang der Biodiversität zu bremsen, ist die Förderung von extensiv bewirtschafteten Naturschutzflächen. Es sollte angestrebt werden, die bereits bestehenden Flächen zu erhalten und ihren Anteil an der Landesfläche zu erhöhen. Als wichtigen Punkt sehen wir zudem die Steigerung des Anteils von ökologisch bewirtschafteten Flächen und begrüßen hier die Initiativen des Landes. Althergebrachte und schonende Bewirtschaftungsformen sollten, wo es möglich ist, eingesetzt werden, um Flächen nachhaltig zu nutzen. Ansätze wie etwa Hutewälder sind historische Bewirtschaftungsformen mit wertvollen Effekten für die Artenvielfalt. Wir begrüßen die Initiativen zum Erhalt der Streuobstwiesen in Baden-Württemberg.

Lebensmittelwirtschaft und Regionalität - Auf dem Weg zu einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Landwirtschaft in Baden-Württemberg ist die Umstellung des Konsums hin zu regionalen und hochwertigen Lebensmitteln unabdingbar. Wir begrüßen hier die Initiativen der Landesregierung zur Vermarktung von Produkten aus Baden-Württemberg. Die Förderung des regionalen Ökolandbaus allein reicht allerdings nicht aus, solange diese neben Billigprodukten in den Supermarktregalen stehen. Besonders umweltbelastende Produkte, wie importiertes Billigfleisch müssen aus den Regalen verschwinden. Ökologische und regionale Produkte haben im nächsten Schritt einen deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise zur Folge. Dies ist ein sinnvolles Zeichen, um den Wert der Lebensmittel und deren Herstellung in der Gesellschaft zu steigern. Ein Anstieg von Lebensmittelpreisen stellt jedoch ein Problem für Personen mit geringem Einkommen dar und wirkt als Brennglas für Ungleichheiten. Daher braucht es hier finanzielle Ausgleiche seitens der Politik. Dies sollte Bestandteil einer umfassenden Sozialpolitik sein, welche die steigenden Lebenshaltungskosten aufgrund von Maßnahmen zur Bewältigung von Biodiversitäts- und Klimakrise tragen kann und für einen gerecht verteilten finanziellen Ausgleich in der Gesellschaft sorgt.

Eine Verschwendung von Nahrungsmitteln sowie ein überflüssiger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entsteht auch durch unnötige Standards der Lebensmittelindustrie. Diese betreffen beispielsweise Größe und Aussehen von Obst und Gemüse. Eine Abschaffung solcher Standards ist dringend notwendig.