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Alles außer gewöhnlich: Die Bundestagswahl 2021 als „Generationenwahl“
Do, 9.9.21

Alles außer gewöhnlich: Die Bundestagswahl 2021 als „Generationenwahl“

Von Jonathan Ebert - Kohleausstieg, Rentenreform oder Mobilitätswende - Die globale Gesellschaft steuert bewegten Zeiten entgegen, die große Umbrüche und Veränderungen erfordern. Das dem schon allein angesichts der Klimaerwärmung so ist, lässt sich zwar seit Jahrzehnten bereits nicht mehr ernsthaft bestreiten. In diesem (Super-)Wahljahr 2021 sieht sich die Bevölkerung in Deutschland jedoch mit multiplen Problemkreisen konfrontiert – jeder davon geeignet, die Zukunft dieses Landes und der dort lebenden Menschen entscheidend zu prägen. Wie die Politik die „neuen 30er Jahre“ gestaltet, bestimmt das Leben der kommenden Generation(en) maßgeblich. Dabei kommt der Bundestagswahl am 26. September 2021 eine besondere Bedeutung zu: Deren Wahlergebnis stellt die Weichen für die zukünftigen Generationen in vielfacher Hinsicht; diese Bundestagswahl ist alles – außer gewöhnlich.

I. Äußere Umstände der Wahl

Zunächst sind die äußeren Umstände dieser Wahl besonders: Noch nie zuvor lagen drei Parteien (CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD) derart nahe beieinander, dass jede von ihnen eine realistische Chance hat, den*die Bundeskanzler*in zu stellen. In diesem Zusammenhang kam es zu gleich zwei Premieren: Die Grünen stellen erstmals in ihrer Geschichte mit Annalena Baerbock eine Kanzlerkandidatin, die eine realistische Chance auf den Einzug ins das Bundeskanzleramt hat. Und Premiere Nummer zwei: Erstmals tritt kein*e Amtsinhaber*in zur Wiederwahl an. Der Wahlausgang ist de facto völlig offen, sodass nun eigentlich die große Chance bestünde, nicht über Oberflächlichkeiten, sondern über Sachthemen zu diskutieren. Nach den Erfahrungen der letzten Wahlen nichts Besonderes dürfte allerdings ein fehlender medialer Fokus auf ebendiese Sachthemen sein. Tagelang wurde vonseiten der Medien lieber über Plagiatsvorwürfe gesprochen und – haltlos – über den personellen Austausch der Kandidat*innen spekuliert; statt etwa die Klimaschutzprogramme der Parteien vertieft öffentlichkeitswirksam gegenüberzustellen. Der Wahlkampf selbst ist wiederrum ungewöhnlich: Auf allzu große Massenveranstaltungen wurde (bislang) wegen der Corona-Pandemie verzichtet, viel findet nur digital statt. Ob dies ein Zukunftsmodell ist, wird sich zeigen.

II. Themen der Wahl

Thematisch handelt es sich bei der Bundestagswahl 2021 um eine echte „Generationenwahl“. Diese Wahl bietet Anlass, durch seine Stimme unmittelbar die Zukunft der jüngeren und der kommenden Generationen zu sichern – und das in mehrfacher Hinsicht:

1. Klimakrise

Dass es jetzt entschiedener Weichenstellungen bedarf, um die Klimakrise zu bekämpfen, versteht sich von selbst. Dazu braucht es aber parlamentarische Mehrheiten, die hier entschlossen und progressiv vorangehen, und sich ihrer Verantwortung um die künftigen Generationen aus dem Pariser Klimaabkommen und dem historischen Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 bewusst sind. Gerade (aber nicht nur) die Hochwasserschäden in NRW und Rheinland-Pfalz geben einen Vorgeschmack auf das, was auf die Menschen zukommt. „Weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik“ (Armin Laschet, siehe: https://www.youtube.com/watch?v=Z32qz-A4IxQ), wird sicher keine Antwort sein, die unseren Enkelkindern genügen kann.

2. „Corona-Schulden“ und Investitionen

Zur Bewältigung und Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie wurden Milliardenbeträge aufgewendet. Der Staat nahm eine Rekordsumme an neuen Schulden auf. Ende 2020 belief sich die Staatsverschuldung auf die Rekordsumme von 2.172,9 Mrd. Euro (1). Die Staatsschuldenquote Deutschlands (aus dem Verhältnis von Staatsschulden und jährlicher Wirtschaftsleistung) stieg von 60 Prozent auf 80 Prozent des jährlichen BIP (2). Das geliehene Geld muss wieder erwirtschaftet werden, wenn der Staat mit der Schuldentilgung beginnt und gleichzeitig nicht bei dringenden Investitionen in die Zukunft und Sozialleistungen spart. Wenn Parteien wie die CDU, FDP und AfD Steuererhöhungen (z.B. Erhöhung des Spitzensteuersatzes, Vermögenssteuer) für außerordentlich Wohlhabende ausschließen bzw. für große Vermögen die Steuern sogar senken wollen, verlagert sich die Rückzahlungslast ungerecht weg von deren „stärkeren Schultern“, die auch mehr tragen könnten, hin zu denen, die sich in schwierigeren finanziellen Situationen befinden.

Gerade nach einer solchen Krise wie der Corona-Pandemie muss in zukunftsweisende Märkte und Technologien investiert werden, die den Weg zur Klimaneutralität ermöglichen (Stichwort: nachhaltiges Wachstum). Diese Wirtschaftshilfen, die in beträchtlichem Umfang anstehen werden, müssen zielgerichtet sein. Finanzhilfen u.a. für die Lufthansa ohne weitgehende Klimaschutzauflagen sollte es nicht mehr geben (3). Die wirtschaftliche Bewältigung der Coronakrise bietet deshalb eine Chance zur nachhaltigen Gestaltung mit langfristiger Wirkung, wenn Hilfsgelder sinnvoll und zielgerichtet eingesetzt werden.

3. Sonstiges

Darüber hinaus stehen verschiedene andere Themen an, die für die Zukunft entscheidend sind, medial aber nicht immer die Aufmerksamkeit bekommen, die erforderlich wäre: Das Rentensystem muss reformiert werden, bislang wird hierbei auf Sicht gefahren – nach Ansicht von Ökonomen besteht hier dringender Handlungsbedarf (4). Im Jahr 1960 kamen auf einen Rentenempfänger noch statistisch 3,8 Betragszahler, im Jahr 2020 waren es lediglich 2,1 (5). Ein „weiter so“ kann es nicht geben.
Außenpolitisch kommen mit der (Rück-)Eroberung Afghanistans durch die radikalen Taliban neue Herausforderungen auf die Welt und Europa zu. Es gilt hier, durch die Wahl von entsprechenden Parteien sicherzustellen, dass Flüchtende aus dieser Region Humanität erfahren, und es zwischen den europäischen Ländern nicht zu einem „Wettlauf der Schäbigkeit“ gegenüber Geflüchteten kommt, sondern dass echte Integrationschancen geboten werden. Zukünftige Generationen werden auch darauf zurückblicken, ob wir heute eine Gesellschaft formen, die in ihrer Vielfalt stark ist, oder ob wir Rassismus, Antisemitismus und üble Ressentiments (6) zulassen. Ob wir die Spaltung der Gesellschaft so sehr vorantreiben, wie es heute in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Ob wir die Gesellschaft in Zukunft zerreißen lassen oder zusammenführen – auch das wird bei dieser Wahl entschieden.

Dies stellt keine umfassende Übersicht dar, die Liste an wichtigen Themen ließe sich beliebig fortsetzen.

III. Konsequenz: Wählen gehen!

„Wer die Wahl hat, hat die Qual“, so heißt es im Sprichwort. Tatsächlich ist es aber so, dass sowohl historisch gesehen als auch derzeit global betrachtet, die meisten Menschen nicht die „Qual der Wahl“ haben – sondern die Qual, eben keine freie, gleiche, demokratische Wahl zu haben. Bei alldem, was auf dem Spiel steht, darf die Konsequenz für diesen September nur sein: Unbedingt für eine fortschrittliche Zukunft zur Wahl gehen!

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Jonathan Ebert

Jonathan studiert VWL und arbeitet als Werkstudent im Nachhaltigkeitsmanagement. Neben seinem politischen Engagement engagiert er sich unter anderem in der Obdachlosenhilfe und befasst sich mit Themen rund um Mobilität und Wirtschaft.