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Klimawandel und Feminismus
Di, 14.7.20

Klimawandel und Feminismus

Ein Kommentar von Paula Heinz

Es ist 2050. Stürme und Extremniederschläge, Überschwemmungen, Erdrutsche, Luftverschmutzung, Dürre, Wasserknappheit, Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten sind an der Tagesordnung. Die meisten Städte im globalen Süden sind zerstört. Millionen von Menschen sind auf der Flucht. Was sich wie ein dystopisches Horrorszenario anhört ist Zukunft. Wenn wir nicht endlich Maßnahmen gegen den Klimawandel einleiten. Und dabei nicht Feminismus außer Acht lassen. Doch was hat Klimaschutz und Feminismus gemein? Dass mehr Frauen* und Mädchen* für FFF auf die Straßen ziehen? (Fridays for Future. Profil, Entstehung und Perspektiven der Protestbewegung in Deutschland, ipbworking paper)? Und betrifft im Endeffekt eine vom Menschen verursachte Klimakatastrophe sowieso nicht alle Menschen unabhängig vom Gender, Herkunft oder sozialen Status?

Doch so einfach ist das nicht. Es existieren strukturelle Ursachen, wieso Männer* und Frauen* die Folgen des Klimawandels nicht gleich erleben. Zum einen fehlt Frauen* oft der Zugang zu Ressourcen. Im globalen Süden müssen sie meist auch noch die traditionelle Rolle der Frau* erfüllen, das heißt sie bleiben oft zu Hause, machen den Haushalt oder arbeiten auch eher in der Landwirtschaft.(„Klimagerechtigkeit und Geschlecht: Warum Frauen besonders anfällig für Klimawandel & Naturkatastrophen sind“, Deutsche Gesellschaft der Vereinten Nationen, 21.11.2016). Katastrophenschutzmanagement ist zudem noch stark dominiert von Männern*. (Umweltbundesamt: Gendergerechtigkeit als Beitrag zu einer erfolgreichen Klimapolitik: Forschungsreview, Analyse internationaler Vereinbarungen, Portfolioanalyse, 2018).

Diese Dynamiken der Ungleichheit (verstärkt zwischen dem globalen Norden und Süden) sorgen dafür, dass Frauen* nach Klimakatastrophen verstärkt sozialer Ungerechtigkeit ausgesetzt sind. Obwohl Umweltkatastrophen ihren Ursprung in ökologischen Systemen haben, stellen sie auch ein soziales Phänomen dar. (Climate Change and Migration: Considering the Gender Dimensions, Lori M. Hunter, Emmanuel David) So werden bei einer Sturmflut wortwörtlich alltägliche Strukturen weggespült, jedoch bleiben Geschlechterverhältnisse bestehen und verfestigen sich. Das Phänomen der Re-Traditionalisierung (Klimawandel und Gender: Zur Bedeutung von Intersektionalität für die soziale Vulnerabilität in überflutungsgefährdeten Gebieten, Libertad Chavez Rodriguez) spüren vor allem die Frauen*, die -vor allem im globalen Süden- sowieso weniger Zugang zu materiellen und immateriellen Ressourcen, wie Bildung, haben. Demnach besitzen Frauen* (und Kinder, Schwangere, Menschen mit Behinderung und Alte) eine größere Vulnerabilität (WHO: Vulnerable groups). Dies beginnt bei der Katastrophenprävention, wobei vor allem Frauen* nicht genügend Schutz gesichert wird. Auch deshalb sterben Frauen* häufiger bei Naturkatastrophen wie zum Beispiel Überflutungen. Beim Zyklon „Sidre“in Bangladesh im Jahr 2007 waren so ganze 80% der Opfer Frauen* und Mädchen* (Interview mit Linda Ederberg vom Verein GenderCC in der taz, 24. 11. 2018 ).

Zudem sind Frauen* in und nach Katastrophen verstärkt Opfer von (sexualisierter) Gewalt.(„Klimagerechtigkeit und Geschlecht: Warum Frauen besonders anfällig für Klimawandel & Naturkatastrophen sind”, Deutsche Gesellschaft der Vereinten Nationen, 21.11.2016). Es gibt also ziemlich viele Punkte über Klimaschutzmaßnahmen heraus die man angehen muss. Feminismus steht dabei bis jetzt zu wenig im Fokus der Klimawissenschaften, es fehlen viele empirische Forschungen speziell nach Gender getrennt und besonders fehlt es an öffentlicher Aufmerksamkeit.

In der Politik müssen verstärkt gendersensible Maßnahmen getroffen werden, die den Schutz aller Frauen* sichert. Das bedeutet ein gesicherter Zugang zu Bildung, Ressourcen und Prävention. Dafür braucht es mehr weibliche* Partizipation in den Entscheidungsgremien für nachhaltige Entwicklung und Katastrophenschutzmanagement. („Nachhaltigkeit hat (k)ein Geschlecht“, bpb, 2002) Schon heute flüchten 21,5 Millionen Menschen jährlich aufgrund der vom Klimawandel veränderten Lebensbedingungen. (Greenpeace-Studie). Wir können nicht mehr warten, sondern müssen #AllefürsKlima sein. Das heißt auch, dass die FFF-Bewegung noch verstärkt auf intersektionalen Feminismus steuern muss, da bis jetzt vor allem in Europa noch eine weiße, privilegierte Mittelschicht bzw. Akademikerkinder auf die Straße gehen. Denn Klimagerechtigkeit erreicht man nur wenn man nur, wenn alle miteinbezogen sind.

Paula Heinz